Die Eiche, nachhaltige Forstwirtschaft und Eichenholz

von Stefanie Goldscheider

Beliebter Baum und begehrtes Holz

Eicher mit 6 Meter UmfangEichen sind die stattlichsten einheimischen Bäume. Sie stehen wie keine andere Pflanzenart für viele durchgehend positiv besetzte Eigenschaften und rufen bei allen Menschen gute Gefühle hervor. Eichen werden uralt und riesengroß, sind unvergleichlich stark und standfest. Egal wie hoch oder breit, alt und dick oder gar beschädigt sie sind, sie bleiben immer attraktiv und elegant. (Bild links: vom Blitz getroffene Eiche mit 6 Meter Stammumfang). Alle Teile der Eiche waren und sind für Menschen wertvoll, die Rinde einst zur Gerberei (oder wie bei Korkeichen für Korken), die Eicheln zur Schweinemast, die Blätter als Viehfutter, die Stämme als dekorativer und haltbarer sowie vielseitig verwendbarer Werkstoff, das Eichenholz.

Eichen werden im Forst gefördert

Eichen, von denen in Mitteleuropa vor allem die Stieleiche und die Traubeneiche weitverbreitet sind, gehören zu den ökologisch und ökonomisch wichtigsten Laubbaumarten. vernässte StandorteSie bedecken über 10 % der Waldfläche und haben damit den größten Laubbaumanteil nach Buche. Ihre Zahl und Verbreitung nimmt bei uns zu. Allerdings unterliegen Eichen den Buchen an normalen beziehungsweise an guten Waldstandorten. Nur wo es vernässt oder extrem trocken ist dominieren natürlicher Weise auch heute noch Eichen, so etwa in Überschwemmungsgebieten und Auwäldern oder an nährstoffarmen Hängen sowie an sonnig-heißen Standorten. Eichen sind sogenannte Lichtbaumarten [1] und anders als Buchen keine verdrängenden Bäume [2]. Sie werden aber wegen ihres hohen ökonomischen Wertes seit jeher von Menschen und auch heute im Forst gefördert [3]. Im lichten Wald und möglicher Weise auch durch den Klimawandel profitiert die Eiche.

Echt Eiche, jeder Baum ein Biotop

Eichen werden bis zu 40 teilweise sogar 50 Meter hoch und erreichen Stammdurchmesser von 2,5 Metern. Sie können 400 bis 800 Jahre alt werden und das obwohl sie von vielen Krankheiten und Schädlingen befallen, ihre Blätter, Triebe, Früchte, Rinde oder Holz von einer Vielzahl von Lebewesen gefressen werden. Eichen bieten ungefähr 1000 verschiedenen Arten Lebensraum, eine in unseren Breiten einzigartig hohe Anzahl, die jede alte Eiche zu einem eigenen Biotop und zu einem Glanzstück in Biosphärenreservaten macht. WaldrandUnter den Partnern, Nutznießern und Parasiten der Eichen gibt es neben Eichelhähern, Steinpilzen, Wildschweinen und Hirschkäfern auch seltene und geschützte Arten. Streng geschützte Käfer sind der Juchtenkäfer und der Heldbock. Sehr seltene Pilzarten an Eichen sind beispielsweise der Klapperschwamm und der Igelstachelbart. Sie leben von sehr alten, absterbenden Eichen. Hingegen profitieren Eichen von der Vorratshaltung der Eichelhäher, die nebenbei Eicheln in neuen Lebensräumen aussähen beziehungsweise einpflanzen. Unverzichtbare Partner der Eichen in allen Lebensräumen, die mit jedem Baum in enger Symbiose leben, sind bekannte und weniger bekannte Pilze wie die Trüffeln, viele Röhrlinge sowie Täublinge, Ritterlinge, Milchlinge und Leistenpilze.

Die einheimischen Eichen und Eichenarten weltweit

Überall in Europa und weltweit in der nördlichen Hemisphäre von Amerika bis Japan wachsen Eichen der Gattung Quercus, insgesamt weltweit ungefähr 600 Arten. Sie gehören botanisch zur Pflanzenfamilie der Buchengewächse (Fagaceae).

immergrüne Eichen am Mittelmeer Eichenblätter
In Mitteleuropa sind Quercus robur, die Stiel-Eiche und Quercus petraea, die Trauben-Eiche (Bild rechts) die am meisten verbreiteten Eichenarten. Sie unterscheiden sich wenig voneinander. Quercus pubescens, die Flaum-Eiche ist ebenfalls einheimisch, jedoch seltener. Als eingeführter Forstbaum kommt auch die amerikanische Rot-Eiche Quercus rubra vor. Am Mittelmeer wachsen weitere 30 Eichen-Arten, einige davon sind immergrün, wie die Stein-Eiche Q. ilex, die Kork-Eiche Q. suber und die Kermes-Eiche Q. coccifera (Bild links). Viele immergrüne Eichen wachsen nur als Sträucher und bilden keine wertvollen Stämme. Manche haben sehr dornige Blätter. Doch auch diese Eichen sind ökologisch bedeutsam als langlebiger und wenig feuergefährlicher Bewuchs an kargen und steilen Hängen. Die imposantesten und wertvollsten Eichen sind jedoch unsere einheimischen Arten.

Das beliebteste Holz ist Eichenholz

Splintholz und KernholzEichenholz, egal ob von Stiel-Eiche oder Trauben-Eiche, ist schwer und dicht sowie sehr haltbar. Das Kernholz ist bräunlich, das Splintholz [4] hell (Bild links). Eichenholz wurde für Eisenbahnschwellen und Pfahlgründungen, für den Wasserbau sowie im Schiffsbau verwendet. Eichholz ist trotz seiner Festigkeit sehr gut biegbar. Es ist das Holz zur Herstellung von maßhaltigen Fassdauben für alle Arten von Fässern, die der Reifung von hochwertigem Whisky und Rotwein dienen. Parkett im Schloss Wegen seiner guten Bearbeitbarkeit und der hohen Oberflächengüte, die man mit Eichenholz erzeugen kann, ist es in der Möbelschreinerei und Holzschnitzerei insbesondere in Kirchen seit jeher sehr gefragt. Langlebige, traditionelle Parkettböden in repräsentativen Gebäuden, Schlössern und Burgen (Bild rechts) sind häufig aus massivem Eichenholz. Je nach Zuschnitt der Bretter entstehen die unterschiedlichsten Verlegemuster wie Fischgrät oder Schiffboden. Der vielseitigste und beliebteste Forstbaum mit dem schönsten Holz [4] ist also die Eiche. Eine nachhaltigen Nutzung von Holz für dauerhafte, langlebige Bauwerke ist ein sehr gutes Mittel für eine positive Klimabilanz. Sehr viel gebundenes CO2 wird durch Holz aus der Atmosphäre entnommen und neue Bäume können nachwachsen. Dabei wird der Wald nicht weniger. Nachhaltige Forstsiegel garantieren beispielsweise, dass nur 60 % des Neuzuwachses eines Jahres entnommen werden dürfen.

Furniere, Möbel und Parkett

Es gab Zeiten in denen - vor allem wegen des schlechten Möbeldesigns und des dunklen Anstrichs - das Image von Eichenholz für eine Weltanschauung stand. Doch diese Zeiten von Eiche rustikal sind vorbei. buntes ParkettEiche ist werder rustikal noch besonders dunkel. Je nach Anteil und Breite der Jahresringe unterscheidet man mildes Holz und hartes Holz. Mildes Holz ist weißer, weicher und leichter und hat schmale Jahresringe. Für die edelsten Messerfurniere wird das sogenannte milde Holz bevorzugt. Nur die gleichmäßigsten Stämme mit besonders großen Durchmessern werden zu Furnieren gemessert.
Hartes Holz mit breiten Jahresringen mit erhöhtem Anteil an Spätholz ist wesentlich härter und schwerer. Es ist für Belastbares und Dauerhaftes bestens geeignet. Durch gezielte Sägeschnitte der Stämme im Sägewerk können gleichmäßige (Bild links) oder bunte, wilde sowie interessante (Bild rechts) Farbpaletten produziert werden.
Holz zum Sägen von Brettern für die Möbelschreinerei muss vorallem lange, gerade und möglichst astfreie Stämme haben. Diese entstehen im Wald durch die Konkurrenz der anderen Bäume. Gut eingewachsene kleinere Äste sind aber durchaus gefragt (Bilder rechts und links).
Auf freiem Feld und an Waldrändern entstehen kurzstämmige, oft krumme Bäume mit sehr großen Ästen. Sie würden nur Brennholz ergeben und sollen nicht forstlich genutzt werden sondern so lange wie möglich stehen bleiben.



Anhang

[1] Lichtbaumarten werden langfristig im Dunkel dichter Wälder verdrängt. Überschattete Äste und zuletzt der ganze Baum sterben ab, wenn sie auch als ältere Bäume überkront werden. Zu den Lichtbaumarten gehören auch Eichen. Eichen leiden nicht nur unter Lichtmangel sondern auch unter Platzmangel und weichen gleichgroßen Bäumen aus, wodurch sie krumm werden. Buchen hingegen weichen nicht aus, sondern wachsen durch die Kronen anderer Bäume hindurch und können sie anschließend zum Absterben bringen. Man bezeichnet sie als Schattenbaumarten.Traubeneiche

[2] Verdrängende Baumarten sind oft schattentolerant, das heißt sie können auch unter großen Kronen im Halbdunkel aufwachsen, zumindest in die Höhe. Haben sie die allgemeine Kronenhöhe erreicht, können sie sich ausbreiten und nun verdrängend auf andere Bäume wirken.

[3] Im Forst gefördert werden Bäume nicht nur durch Aufforstungsmaßnahmen, also die Anpflanzung, sondern auch indem anderer Pflanzenwuchs und andere Baumarten dem geförderten Baum weichen müssen. Dies aber nicht zu Anfang durch Kahlschläge, denn zuerst soll der Baum hoch wachsen und einen langen Stamm bilden. Je größer der Wertholzbaum wird, desto mehr andere, weniger wertvolle Bäume in seiner unmittelbaren Umgebung werden genutzt, das heißt gefällt. So ensteht Platz und Licht aber der Wald bleibt geschlossen. Nur ohne zu starke Beschattung wie beispielsweise durch Buchen kann der Lichtholzbaum Eiche gleichmäßig wachsen (Bild rechts).

[4] Splintholz und Kernholz sind die zwei unterschiedlichen Bereiche im Querschnitt eines Baumes. Der Splint ist der lebendige, Wasser und Nährstoffe führende und speichernde Teil des Stammes. Das Splintholz ist meist hell und weniger haltbar. Das Kernholz ist der innere im Prinzip leblose Teil des Stammes, dessen Funktion für den Baum nur noch die Stabilisierung ist. Meist ist der Kern dunkler gefärbt als der Splint und meist ist das Kernholz haltbarer und insbesondere bei Eiche viel wertvoller als der Splint.

[5] schöneres und exquisiteres, exklusives Holz liefern Ulmen, die durch das Ulmensterben (eine eingeschleppte Krankheit, die von einem pilzlichen Erreger verursacht wird) vom Aussterben bedroht sind, ebenso die durch jahrhundertelangen Raubbau sehr selten gewordenen Eiben. Auch das Holz der großen Obstbaumarten Nussbaum, Kirsche und Birne ist seltener und wesentlich teurer als Eiche. Für viele Zwecke sind die exklusiveren Edelhölzer von Eibe, Nuss oder Kirsche aber gar nicht einsetzbar.

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Die Olive, der mediterrane Kulturbaum

Expertenliteratur

Bäume Mitteleuropas - Von Aspe bis Zirbelkiefer.
Mit den Porträts aller Bäume des Jahres 1989 bis 2010.
Andreas Roloff, Horst Weisgerber, Ulla Lang, Bernd Stimm.

Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2010, 479 Seiten, zahlreiche Farbfotos, gebunden, € 24,90
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Naturnahe Waldwirtschaft
Eine Strategie für den qualitätsgeleiteten und schonenden Gebrauch des Waldes unter Achtung der gesamten Lebewelt
Georg Josef Wilhelm / Helmut Rieger

Ulmer, Stuttgart 2013. 207 Seiten, 53 Farbfotos, 38 Zeichnungen, 4 Tabellen, gebunden, €29,90
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Anbau und Nutzung von Bäumen auf landwirtschaftlichen Flächen
(Hrsg): Tatjana Reeg, Albrecht Bemmann, Werner Konold, Dieter Murach, Heinrich Spiecker
WILEY-VCH, Weinheim, 2010, 355 Seiten, zahlreiche Tabellen, Schaubilder und Fotos, Hardcover. € 49,90

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