Moringa

Von Stefanie Goldscheider

Der Multifunktionsbaum Moringa

Moringa- FlaschenbaumMoringa oleifera ist eine Baumart, die ursprünglich aus dem Himalaya, also aus Nordindien und Pakistan stammt. Andere Arten der Gattung Moringa kommen auch in Ost-Afrika, der Arabischen Halbinsel und auf Madagaskar vor. Insgesamt gibt es 12. Im südlichen Afrika gedeihen Moringa-Arten mit verdickten, wasserspeichernden Stämmen - die landschaftstypischen Flaschenbäume (Bild rechts: Moringa ovalifolia - Flaschenbaum - in Namibia). Umso überraschender ist es, dass die Familie der Moringaceae oder Meerrettichbaumgewächse verwandt mit unseren Kohlgewächsen ist. Die gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe von Moringa sind ungefähr dieselben wie die von Brokkoli, Meerrettich oder Senf! Heute wird Moringa weltweit in den Tropen und Subtropen kultiviert, vorzugsweise im heiß-trockenen Klima, denn solche Bedingungen machen anderen Bäumen oder gar Gemüse das Wachstum sehr schwer. Moringa kann hier Ackerland zurückgewinnen und den Boden wieder fruchtbar machen. Die Anpassungsfähigkeit und die Nützlichkeit des Wunderbaumes war in Indien schon seit 5000 Jahren bekannt. Moringa oleifera ist auch unter den Namen Pferderettichbaum, Behenbaum, Bennussbaum, Meerrettichbaum oder Drumstick-Tree bekannt; Bezeichnungen, die auf seine multiple Nutzbarkeit schließen lassen. Der Moringa Baum ist ein sogenannter Multi-Purpose-Tree. Er wächst sehr schnell und kann schon im ersten Jahr verwendet werden. Alle Pflanzenteile dienen unterschiedlichen Zwecken.

Ein Baum für alle Fälle

Manche Bäume in den Ländern des Südens sieht man überall, in Gärten, an Feldrändern oder an Straßen. Moringa an der StraßeDoch selten sind sie ausgewachsene Bäume, weil sie immer wieder geschnitten und abgesägt werden (Bild links). Sie sind wie ein Supermarkt zur Selbstbedienung - so auch Moringa. Wurzeln und Rinde werden medizinisch genutzt, die jungen Wurzeln auch als scharfes Gewürz. Die Blätter und Triebe eignen sich als grünes Gemüse, sind aber auch nährstoffreiches Futter für die eigene Kuh oder Ziege. Die Äste ergeben jederzeit Brennholz genauso wie neue Pfähle für Zäune, den Gerüstbau und für vieles mehr. Sehr schnell wachsen die Multifunktionsbäume auch wieder nach. Lässt man sie etwas länger wachsen, fangen sie reich an zu blühen und bilden auffällige lange Früchte. Die reifen Samen werden pulverisiert zur Klärung von Trinkwasser eingesetzt. Moringa-Samenbestandteile verbinden sich mit den Trubstoffen im Wasser und sinken auf den Boden. Eine sehr wichtige und immer wichtiger werdende Verwendung in vielen Entwicklungsländern, denn die Methode schadet der Gesundheit nicht. In der traditionellen Medizin werden die meerrettichartigen Wurzeln sowie die Rinde von Moringa verwendet.

Gemüse im Überfluss - Blätter, Blüten und Früchte

Moringa Blüten, Blätter, "Drumsticks" = FrüchteDer Moringa-Baum liefert aber nicht nur eine Sorte Gemüse sondern mindestens drei. Knabbereien, Würze und Speiseöl kommen noch dazu. Junge Blätter und Triebe werden wie Spinat oder Grünkohl gekocht und gegessen. Sie schmecken aromatisch und sind mindestens ebenso gesund. Das liegt an den reichlich vorhandenen Mineralstoffen und an den Senföl-Glucosiden, die man im Zusammenhang mit der Krebs-Prävention kennt. Die weiß-gelben duftenden Blüten schmecken sogar roh als Salat. Die unreifen, schmalen, bis zu 50 Zentimeter langen, noch grünen Hülsenfrüchte - die Drumsticks - werden so vielfältig wie grüne Bohnen verzehrt - meist in Eintöpfen mit anderem Gemüse und in gehaltvollen Suppen. Die unreifen Samen können frittiert werden und dann wie Nüsse geknabbert werden. Ausserdem liefern die reifen Samen das Behen-Öl oder Bennussöl. Im wissenschaftlichen Namen des Wunderbaumes M. oleifera kommt die Produktion und Verwendung für Öl zum Ausdruck.

Moringa-Öl oder Behenöl

Das Öl aus den Moringasamen, das Behenöl, eignet sich als wertvolles Speiseöl und wird in Indien und in Afrika auch als Salatöl verwendet. Es hat ein mildes, parfümiert-nussiges Aroma. Moringa-Öl ist grünlich und wird unter 18 ° C dickflüssig. Afrikanisches Moringaöl wird meist aus den Samen eines anderen Moringa-Baumes (M. peregrina), der in Arabien und Ägypten heimisch ist, hergestellt. Behenöl ist mit Olivenöl vergleichbar, sowohl was seinen Wohlgeschmack, als auch was seine Inhaltsoffe angeht. In Moringa-Öl finden sich sehr viele Antioxidantien und ein Spitzenwert beim Vitamin E. Die dominierende Fettsäure ist Ölsäure mit über 73 bis 78 Prozent. Ölsäure ist eine einfach ungesättigte und damit in der heutigen Ernährung ganz besonders empfohlene Fettsäure, die auch in Rapsöl dominiert. Auch Raps ist mit Moringa verwandt! Die ernährungsphysiologisch bedeutsamen mehrfach ungesättigten Omega-Fettsäuren Linolsäure (Omega-6) und Alpha-Linolensäure (Omega-3) sind im optimalen Verhältnis von 3 zu 1 enthalten. Allerdings finden sich im Samenöl von Moringa noch weitere Fettsäuren in erheblichen Anteilen, die seine Haltbarkeit erhöhen und seine Hitzestabilität verbessern. Moringa Öl wird also auch ungekühlt bei Zimmertemperatur nicht ranzig. Es hat einen hohen Siedepunkt von über 200 Grad Celsius. Moringa-Öl ist deswegen zum Braten und Frittieren sehr gut geeignet und dabei wesentlich gesünder als beispielsweise Erdnussöl.

Warum Moringa - die Inhaltsstoffe

Die Blätter und jungen Triebe von Moringa sind die wichtigste Gemüsesorte des Baumes. Sie enthalten wie andere grüne Gemüse sehr viel Eiweiß und sind exzellente Lieferanten für Folsäure, Vitamin C, Vitamin A und Vitamin K. Mit 10 bis 15 Gramm Moringa-Pulver kann man seinen Tagesbedarf an den Vitaminen A und K leicht decken. Das gelingt aber auch mit anderem grünen Gemüse. Wirklich bemerkenswert und außergewöhnlich sind die extrem hohen Gehalte an Vitamin E und Vitamin B2. Mit kaum einem anderen Lebensmittel kann man so viel von diesen Vitaminen zu sich nehmen, die auch in der Normalkost eher zu wenig enthalten sind. Ein Teelöffel Moringa Pulver deckt bereits den Tagesbedarf an Vitamin B2! Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B2 kann auch bei einer veganen Lebensweise problematisch sein, weil es vor allem in tierischen Produkten enthalten ist. Vitamin B2 ist für die Nerven wichtig und trägt auf diese Weise zum Wohlfühlen bei.

Vitamin B2 / Riboflavin

Vitamin B2 ist regeneriert und schützt die Nerven und die Schleimhäute. Ein Vitamin B2-Mangel zeigt sich eher unspezifisch an Haut- und Schleimhäuten, durch Nagelveränderungen oder eingerissene Mundwinkel und durch eine gestörte Eisenaufnahme. Blutarmut kann eine langfristige Folge davon sein.
Besonders viel Vitamin B2 ist in Leber und Hefe enthalten. Viel Riboflavin ist in Pilzen wie dem Shiitake und in tierischen Produkten, also in Milch, Fleisch, Fisch und Eiern. Für Veganer ist die Vitamin B2 Zufuhr jedoch schwierig. Ausreichende Gehalte gibt es in Vollkorn insbesondere in Roggen und in Keimlingen sowie in Hülsenfrüchten. Sehr wenig Vitamin B2 ist in Weißmehlerzeugnissen, poliertem Reis aber auch in Obst und Gemüse. Anders in Moringa, hier ist der Vitamin B2-Gehalt Spitze. Der Bedarf an Riboflavin ist nach Verletzungen, in Schwangerschaft und Stillzeit, durch Alkoholmissbrauch und bei Einnahme bestimmter Medikamente erhöht.
Vitamin B2 ist wie Vitamin B1 wasserlöslich und kann somit leicht ausgewaschen oder ausgekocht werden. Desgleichen ist Vitamin B2 lichtempfindlich, so dass beispielsweise in Milch, die in klarem Glas abgefüllt ist, das Riboblavin größtenteils zerstört wird. Riboflavin ist anders als Thiamin jedoch hitzestabil. Dünsten und Anbraten ist also erlaubt, Kochwasser wegschütten jedoch nicht!

Vitamin E ist ein sehr starkes Antioxidans und schützt als Radikalfänger den gesamten Organismus vor Schäden. Es ist auch im Moringa-Öl konzentriert. Der Mineralstoffreichtum und die sekundären Pflanzenstoffe, in erster Linie krebshemmende Schwefelverbindungen und antioxidativ wirksame Flavonoide machen Moringa-Pulver zu einem Superfood.

Mit Moringa-Pulver lassen sich ganz leicht Grüne Smoothies, Suppen, Brotaufstriche, Dipps, Burger oder pikante Pfannkuchen zubereiten.

Moringa-Gemüse selbst anbauen

Moringa-Samen

Ein tropischer Baum auf unserer Fensterbank oder im Garten? Ein ganzer Baum muss es gar nicht sein um Moringa als Blattgemüse zu genießen, denn man nutz die jungen Triebe zum Kochen. Diese jungen Triebe oder Blätter kann man frisch ernten, wenn man Moringa-Samen (Bilder rechts und links) selbst in Töpfe aussät und sie die ganze Zeit sonnig und warm stellt. Im Sommer ist dies auch im Gemüsebeet im Garten möglich, ganz ähnlich wie bei Brokkoli oder Asia-Salaten. Nach einigen Wochen mit viel Wärme und Licht aber ohne stauende Nässe sind die jungen Bäumchen bereits groß genug um von ihnen zu naschen. Man kann sie aber auch ganz aufessen und einfach nachsäen, denn das Überwintern gelingt im Freien und auch im Kalthaus nicht.

In Subtropischen Regionen, insbesondere in von Hunger und Dürre bedrohten Ländern ist Moringa ein Baum der Zukunft.



Stefanie Goldscheider

Quellen
Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 4. Auflage 2005
Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle, Springer Wien New York, 2008
Nutzpflanzenkunde, Thieme Stuttgart New York, 7. Auflage 2007


Tonikum und Superfood:

Moringa als Nahrungsergänzungsmitel
Açai
Maca
Ginseng
Grüner Tee

Andere Multi-Purpose-Trees:

Açai
Kokospalme