Was ist pflanzliches Viagra? Und wirkt es tatsächlich?
von Oliver Schlupp
Die einen nennen sie Aphrodisiaka, die anderen benennen sie nach dem bekannten Mittel gegen erektile Dysfunktion, Viagra. Wir sprechen von pflanzlichen Wirkstoffen, die teilweise bereits seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden eingesetzt werden, um die Manneskraft oder die Libido zu stärken. Aber was ist dran an dem pflanzlichen Viagra? Wirken diese Naturstoffe so, wie das Pendant aus den Labors der Pharmaindustrie? Schauen wir uns einige der Pflanzen an und gehen der Sache etwas mehr auf den Grund.
Ginseng
Seit rund 2.000 Jahren wird Ginseng in der chinesischen und auch koreanischen Medizin gegen eine Vielzahl von Krankheiten eingesetzt und zählt sicherlich zu den bekanntesten Heilkräutern überhaupt. Dem Ginseng wird eine Reihe positiver Eigenschaften zugeschrieben, darunter Langlebigkeit, allgemeine Stärkung und Hilfe bei erektiler Dysfunktion.
Man sagt, Ginseng könne die Libido verbessern, die allgemeine sexuelle Leistung steigern und sogar den Umfang des Penis vergrößern. In der Regel wird Ginseng als Tonikum eingesetzt und kann bei klimakterischen Beschwerden ebenso eingesetzt werden wie bei allgemeinen Schwächezuständen.
Die Hauptwirkstoffe des Ginseng sind die Ginsenoide, die zum Teil gefäßverengend wirken und dadurch den Kreislauf anregen. Andere wiederum haben antioxidative Wirkungen, die sich insgesamt positiv auswirken. Das Problem ist, dass die meisten asiatischen Studien nur schwer auszuwerten sind und in unseren Breiten zu wenige verlässliche Studien unternommen wurden, um tatsächlich eine Wirkung nachzuweisen.Macawurzel
Maca wird auch als das südamerikanische Ginseng bezeichnet. Die Wurzel ist reich an Aminosäuren, Eisen und Magnesium. Alle wissenschaftlichen Studien konnten bisher keine bedeutsame Wirkung erkennen lassen, weder bei Problemen im Schlafzimmer, noch bei anderen Problemen, bei denen Maca gerne eingesetzt wird.
Maca scheint jedoch einen hohen Placeboeffekt zu bewirken, da manche Menschen von Erfolgen nach der Einnahme berichten. Als verhältnismäßig gesichert gilt zumindest, dass Maca den Blutdruck erhöhen kann, was bei Patienten mit Bluthochdruck gefährlich sein kann.
Ginkgo biloba
Auch wenn in Tierversuchen nachgewiesen werden konnte, dass Ginkgo einen positiven Effekt auf die sexuelle Leistungsfähigkeit haben kann, so konnten diese Ergebnisse bei Menschen nicht wiederholt werden.
Bei Doppelblindstudien am Menschen wurden nämlich sowohl bei der Placebogruppe, als auch bei der Gruppe, die tatsächlich Ginkgo zu sich genommen haben, Verbesserungen der Erektionsfähigkeit festgestellt. Dies lässt auf einen starken Placeboeffekt schließen.
Ginkgo scheint jedoch einen gewissen positiven Effekt bei Menschen zu zeigen, die Antidepressiva einnehmen. Oftmals sind diese Medikamente der Grund für eine Erektionsstörung. Hier könnte Ginkgo unter Umständen eine Besserung herbeiführen. Weitere Studien müssen dies allerdings noch belegen.
Yohimbin
Die aus Westafrika stammende Rinde eines immergrünen Baumes wird häufig zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion eingesetzt. Es gibt verschiedene Studien und eine umfangreiche Metastudie zu dem Naturstoff.
Letztere analysierte eine Reihe früherer Erkenntnisse und kam zu dem Ergebnis, dass Yohimbin in Kombination mit anderen die Erektion fördernden Wirkstoffen eine Wirkung zeigen kann, allein eingenommen jedoch nicht. Zu diesen Kombinationen gehört insbesondere die Aminosäure L-Arginin. Übrigens: Von der Einnahme von L-Arginin zusammen mit Viagra® wird dringend abgeraten, da hier gefährliche Wechselwirkungen entstehen können.
Die möglichen Nebenwirkungen von Yohimbin sind jedoch nicht unerheblich und reichen von Kopfschmerzen, über Schwitzen, Unruhezustände bis hin zu Bluthochdruck. Personen, die unter Diabetes, Bluthochdruck oder einer Nieren- oder Lebererkrankung leiden, sollten dieses pflanzliche Präparat nicht einnehmen oder vorher Ihren Arzt konsultieren.
Granatapfel
Die Kerne des Granatapfels gelten seit jeher als Aphrodisiakum. Dies liegt aber sicher nicht an den Inhaltsstoffen, sondern vielmehr an der Form und der Farbe der Frucht. Auch das Aufplatzen der einzelnen Früchte im Mund kann durchaus als erotisch interpretiert werden. Zum romantischen Vorspiel eignet sich Granatapfel also ausgezeichnet, was am Ende natürlich auch die Libido steigert, ohne jedoch eine direkte Auswirkung auf den Körper zu haben.
Epimedium grandiflorum (Horny goat weed)
Allein der Name verspricht viel. Aber kann das Horny goat weed auch das halten, was er verspricht? Bekannt ist, dass die Pflanze einen teilweise hohen Anteil an Alkaloiden, Flavonoiden, Glycosiden und Steroiden beinhaltet.
In Tierversuchen konnten verschiedene Wirkungen nachgewiesen werden, wie die hohe antioxidative Kapazität, eine Verstärkung der Libido und eine erhöhte Samenproduktion. Inwieweit diese Ergebnisse auch auf den Menschen zu übertragen sind, ist nicht geklärt. Den meisten Männern reichen die mystischen Möglichkeiten und sie nehmen dieses vermeidliche pflanzliche Viagra® gerne ein.
Welche Vorteile haben pflanzliche Potenzmittel?
Vielen Männern ist es unangenehm, zu einem Arzt gehen zu müssen und ihr Problem dort auszubreiten. Sie bevorzugen es daher oftmals, sogenannte pflanzliche Potenzmittel zu verwenden, da diese auch ohne Rezept zu bekommen sind.
Einige der Pflanzenstoffe sollten zudem die Libido, also das sexuelle Verlangen, steigern, was bei dem echten Viagra® nicht der Fall ist – eine gute Libido ist sogar Voraussetzung, dass das Medikament überhaupt wirkt.
In der Regel sind die pflanzlichen Präparate günstiger, als die verschreibungspflichtigen Medikamente und die möglichen Nebenwirkungen halten sich – zumindest bei reinen und hochwertigen Pflanzenmitteln – zumeist in Grenzen.
Bei pflanzlichen Potenzmitteln versetzt oft auch der Glaube Berge, aber eine Wirkung ist wissenschaftlich nicht zu belegen. Es kann auch sehr gefährlich sein, solche Mittel einzusetzen, da es viele schwarze Schafe unter den Anbietern gibt, die schädliche Streckmittel einsetzen.
Bei der Selbstmedikation werden tieferliegende Ursachen nicht behandelt
Vielfach liegen einer erektilen Dysfunktion tieferliegende Ursachen zugrunde, wie z. B. Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Bei der Selbstmedikation werden diese nicht entdeckt und können sich verschlimmern.
Wie gefährlich sind pflanzliche Arzneien im Allgemeinen?
Die als internationale Institution bekannte amerikanische FDA (Food and Drug Administration) hat bisher keinen dieser pflanzlichen Wirkstoffe offiziell zugelassen. Nicht nur, dass deren Wirkung oftmals nicht klinisch nachgewiesen werden konnte, sondern viele der Pflanzen könnten auch durch Pestizide oder andere Umwelteinflüsse kontaminiert sein.
Die FDA warnt außerdem ausdrücklich vor sogenanntem “pflanzlichen Viagra”, da es keine kalibrierten Wirkstoffbestandteile aufweist, wenig erforscht ist und schwere Nebenwirkungen verursachen kann. Oftmals sind nämlich auch die als besonders schädlich geltenden Inhaltsstoffe erst gar nicht auf der Packung vermerkt. In diesem Bereich findet eben keinerlei Kontrolle statt und daher wird viel Schindluder getrieben.
Wenden Sie sich lieber an einen Arzt oder einen vertrauenswürdigen telemedizinischen Dienst, um die offiziell zugelassenen Präparate zu bekommen.