Vom Ei zum Brathähnchen
von Rüdiger
Sudhop
Jeder von uns hat in seinem Leben schon
mal ein Brathähnchen gegessen oder sich eine Hähnchenbrust schmecken
lassen. Dabei ist bei dem einen oder anderen vielleicht die Frage aufgetaucht,
was es mit den Brathähnchen oder Broilern auf sich hat. Der Begriff
"Broiler" kommt vom englischen "to broil" (Braten,
grillen) und wurde in der DDR statt "Brathähnchen" verwendet.
In diesem Artikel wird sich also alles um Hühner im Allgemeinen,
Brathähnchen und Brathähnchenelterntiere im Besonderen, die
Haltung von Broilerelterntieren und Masthähnchen, Hühnerfutter
und Hähnchenbrustfilets drehen.
Hühner im Allgemeinen
Der Mensch lernte schon sehr früh des Huhnes Eier und Fleisch aber auch sein Gefieder zu schätzen. Mindestens genauso lange züchtet er auch Hühner und schuf so eine große Vielfalt unterschiedlichster Hühnerrassen mit den verschiedensten Eigenschaften. Die Vorfahren unserer Hühner stammen von waldbewohnenden Hühnerarten aus Indien, China und den Malayischen Inseln ab. Die Domestizierung aus der wichtigsten Art, dem Bankivahuhn (Gallus gallus) erfolgte in Asien schon vor 3000 Jahren.
Lange Zeit gab es keine wirklich auf das Eierlegen oder auf die Fleischproduktion spezialisierten Rassen. Einige Rassen waren etwas leichter und legten einige Eier mehr als andere, die dafür etwas mehr Fleisch ansetzten. Erst in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann in den USA die Trennung von Lege- und Mastrassen. Dies hat sich bis heute in der modernen Hühnerhaltung allgemein durchgesetzt.
Ebenfalls in den 20er Jahren des vorigen
Jahrhunderts begannen in den USA einige Züchter, Tiere unterschiedlicher
Rassen und Familien miteinander zu kreuzen. Sie wollten so die positiven
Eigenschaften verschiedener Rassen verbinden und den Heterosiseffekt
nutzen. Die aus der Kreuzung hervorgehenden Nachkommen weisen allgemein
eine höhere Leistung auf als ihre Eltern. Die Hybridzucht war
geboren. Im Prinzip ist so ein Hybridhuhn mit einem Mischlingshund
vergleichbar: Beide vereinigen Eigenschaften verschiedenster Rassen
in sich. Die Rassezucht verschwand im Laufe der Zeit nahezu vollständig
aus der professionellen Hühnerhaltung und hat ihren Platz nur
noch bei Kleintierzüchtern zu Schauzwecken.
Die Hybridzucht liegt übrigens
größtenteils in der Hand privater Zuchtfirmen. Diese
züchten eigene Hühnerfamilien (Quasi die Eltern aller
Elterntiere), welche sie zur Kreuzung verwenden. Von den Zuchtunternehmen
erhalten die Vermehrungsbetriebe ihre Elterntiere. Die verschiedenen
Hybridherkünfte (Herkunft entspricht hier der Rasse) tragen
oft die Namen der Zuchtfirma. Beispiel: Lohmann, Cobb oder Tetra.
Brathähnchen und Brathähnchenelterntiere im Besonderen
Sicherlich haben sie sich schon mal gefragt, warum das Brathähnchen eigentlich Brathähnchen heißt. Die Antwort liegt bei unseren Vorfahren. Sie vermehrten ihre Hühner selbst. Die überzähligen Hähne wanderten gut ausgemästet in den Kochtopf oder an den Bratspieß. Die Hennen blieben als Legehennen auf dem Hof. Die Brathähnchen von vor 100 Jahren waren also wirklich noch Hähne.
Dies änderte sich erst mit der Trennung
von Lege- und Mastrassen. Da die Legerassen (Oder Legeherkünfte)
immer mehr auf Legeleistung gezüchtet wurden, setzten sie immer weniger
Fleisch an. Denn eine hohe Legeleistung führt zu geringerem Fleischansatz
und umgekehrt.
Die Hähne der Legerassen waren für den Kochtopf
nicht mehr interessant und wurden durch spezielle Mastrassen mit hohem
Fleischansatz und gut ausgebildetem Schlachtkörper ersetzt. Bei ihnen
werden Hähne und Hennen gemästet. Deshalb kann das Brathähnchen
von heute auch eine Brathenne sein.
Eigenschaften der Mastrassen
Die Eigenschaften der Masthühner sind das Ergebnis von zielgerichteter Züchtungsarbeit, die den Anforderungen gerecht wird, die der Verbraucher (Also wir) und die Lebensmittelindustrie an ein gutes Hähnchen stellen:
- Das Hähnchen muß eine gute Ausschlachtung haben. Das heißt, daß der Anteil der Knochen und Innereien am gesamten Tiergewicht möglichst gering sein muß. Für die Industrie senkt das die Entsorgungskosten und für den Verbraucher heißt das, das er mehr Hühnchenfleisch für sein Geld erhält (Knochen sind im Hähnchenpreis enthalten).
- Die Hähnchenbrust soll gut ausgeprägt sein. Denn einerseits bevorzugen die Verbraucher ein frisches oder tiefgekühltes Hähnchen mit einer ausgeprägten Brust. Andererseits legt die verarbeitende Industrie viel Wert auf einen hohen Brustfleischanteil (Beispielsweise für bratfertige Hähnchenbrustfilets).
- Das Hähnchenfleisch muß fettarm sein.
- Das Schlachtgewicht soll zwischen 1400 und 1600 g liegen (Wir Deutsche bevorzugen eher ein leichtes Hähnchen. In anderen Staaten sind schwere Tiere mit Mastendgewichten von mehr als 1800 g gefragt).
- Hähnchenfleisch darf nicht zu teuer sein.
Um diese Anforderungen zu erfüllen,
sind im Laufe der Zeit unterschiedliche Masthybriden gezüchtet worden.
Ihnen allen gemeinsam ist, daß sie sehr frohwüchsig sind, also
hohe Tageszunahmen erreichen können und eine ausgeprägte Brustpartie
besitzen. Außerdem neigen sie bei richtiger Fütterung kaum
zum Verfetten und verfügen über eine hohe Ausschlachtung. Schließlich
können sie das Futter auch gut in Fleisch umsetzten: Für 1 kg
Zuwachs benötigt ein modernes Masthähnchen nur ca. 1,7 kg Futter.
Zum Vergleich: Tiere der Legeherkünfte brauchen in der Mast für
1 kg Zuwachs etwa 3-4 kg Futter, was höhere Kosten, einen höheren
Mistanfall, eine längere Mastdauer und damit sehr viel höhere
Preise für das Fleisch verursachen würde.
Die guten Eigenschaften des Masthähnchens führen
zu einigen Schwierigkeiten bei der Haltung ihrer Eltern: Die Frohwüchsigkeit
der Broiler spiegelt sich natürlich auch bei den Eltern, den Mastelterntieren
wieder. Diese wachsen sehr schnell und neigen als ausgewachsene Tiere
zum Verfetten, wenn sie soviel fressen dürften wie sie wollen. Dies
wirkt sich negativ auf die Legeleistung und auf die Fruchtbarkeit aus.
Eine hohe Legeleistung ist auch bei Mastelterntieren wichtig, weil dies
viele Küken je Zuchthenne bedeutet. Deshalb erhalten die Tiere spezielles
Futter und bekommen es auf eine besondere Art und Weise zugeteilt. Wie
das alles funktioniert, erfahren sie in den nächsten Kapiteln.
Die Haltung von Broilerelterntieren
Broilerelterntiere sind -Wie der Name schon sagt- die Eltern der Masthähnchen. Sie legen die Eier, aus denen später in der Brüterei die eigentlichen Masthühner schlüpfen.
Mastelterntiere sind sehr schwer. Das Gewicht einer Henne liegt zwischen
3 und 4 kg, ein durchschnittlicher Hahn bringt 5-6 kg auf die Waage. Das
schließt die Haltung im Käfig nahezu aus, da hier Fußverletzungen
und Schäden am Bewegungsapparat aufgrund des Tiergewichtes möglich
sind. Deshalb werden Mastelterntiere im Bodenhaltungsstall gehalten. Pro
Quadratmeter Stallfläche werden 4-6 Mastelterntiere gehalten (9 Tiere
bei Legehennen). Hähne und Hennen leben gemischt. Auf 10 Hennen kommt
ein Hahn. Ein Mastelterntierstall läßt sich
in 3 große Bereiche einteilen:
1. Das Legenest
Das Legenest bietet den Hennen einen ruhigen und gemütlichen
Ort zum Eierlegen. Im Nest finden mehrere Hennen Platz. Es ist mit einer
Art Kunstrassen ausgelegt, der einerseits die gelegten Eier vor Beschädigungen
schützt und andererseits den Hennen einen guten Sitzkomfort bietet.
Ein Förderband transportiert die Eier von den Legenestern in den
Vorraum, wo sie verpackt werden.
2. Die Kotgrube
Die Kotgrube (siehe oben) ist gewissermaßen der Vorraum des Legenestes. Sie verhindert den Eintrag von Schmutz und Einstreu aus dem Scharraum ins Nest, da die Hühner sich auf den Kunststoffrosten die Füße abtreten.
Über der Kotgrube befindet sich vor den Nestern die Tränke.
Sie besteht aus einem Wasserrohr mit Trinknippeln und Auffangschalen.
3. Der Scharraum
Der Scharraum (siehe oben) ist für die Elterntiere
eine Art Aufenthaltsraum. Er ist meistens mit Sägemehl eingestreut.
Außerdem befinden sich hier die Fütterungsanlagen für
Hähne und Hennen.
Die Fütterung von Broilerelterntieren
Üblicherweise wird für die Fütterung
von Elterntierhennen eine im Scharraum stehende sogenannte Kettenfütterung
verwendet. Diese besteht aus einem Trog, der in mehreren Reihen auf ganzer
Länge durch den Stall läuft und einer Kette, die das Futter
darin verteilt. Durch einen auf dem Futtertrog montierten Grill können
die Hähne nicht vom Hennenfutter fressen. Für sie gibt es eine
extra Fütterung, die so hoch aufgehängt ist, daß die kleineren
Hennen nicht daraus fressen können. Diese Trennung ist notwendig,
da Hähne und Hennen unterschiedliche Futtermengen und Futtersorten
bekommen. Gefüttert werden die Elterntiere meistens mit einem Mischfutter.
Dies ist eine Art Eintopf oder Müsli, welches beispielsweise aus
gemahlenem Weizen und Mais sowie Sojaextraktionsschrot bestehen kann.
Zusätzlich enthält es für die Eierschalenbildung noch Kalk
(Oft Muschelkalk). Da die Broilereltern sehr viel Appetit haben, erhalten
sie nur eine bestimmte Futtermenge täglich. So bleiben die Tiere
in guter Kondition und werden nicht übergewichtig.
Was sonst noch interessant ist...
Um die Einschleppung von Krankheiten in einen Elterntierstall
zu vermeiden, darf er nur betreten werden, nachdem man sich geduscht und
spezielle Farmbekleidung angezogen hat. Broilerelterntierställe stehen
meist dort, wo es keine anderen Hühnerställe gibt. So läßt
sich die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern durch Wind
oder Mäuse aus anderen Hühnerställen in den Elterntierstall
vermeiden. Es gibt keine spezielle "biologische" Haltungsform
für Broilerelterntiere. Aus hygienischen Gründen haben Broilerelten
keinen Auslauf im Freien. Sie könnten sich dort mit Parasiten und
Krankheiten (Beispielsweise Salmonellen) infizieren, die sie auf die Bruteier
und damit auf die Masthähnchen übertragen könnten.
Lesen Sie weiter im 2. Teil über Broiler: Aufstallung,
Fütterung, Mastverfahren und Fleischqualität
Legehennen - die Stallarten
Lesen Sie auch: Straussenhaltung
in Deutschland
Dipl.-Ing. agr. Rüdiger Sudhop