Wolle, die wärmende Naturfaser
von Stefanie GoldscheiderSchafwolle - nachhaltig, ökologisch und isolierend
Obwohl die meisten Säugetiere ein Haarkleid haben, das sie vor Kälte, Regen, Sonne, Wind und Hitze schützt, ist die Bezeichnung Wolle speziell für Schafe reserviert. Nur die Haare vom Schaf sind Wolle, alle anderen Tierhaare werden genauer bezeichnet.
Bis zur Erfindung von Chemiefasern war Wolle für uns Menschen völlig unverzichtbar. Auch die Baumwolle konnte die Schafwolle längst nicht in all ihren Funktionen ersetzten. Das Haarkleid der Schafe ist viel universeller und funktioneller als andere Fasern. Es ermöglicht den genügsamen Weidetieren in kalten, heißen, verregneten, verschneiten oder ausgedörrten Regionen ihr Überleben, vom Polarkreis bis in die Wüste, vom Hochgebirge bis in die Tropen. Vielerorts sind sie unverzichtbare Landschaftspfleger. Schafe mähen Bergweiden, Wachholderheiden oder Streuobstwiesen und halten Deiche in Schuss. Die Wolle schützt die Tiere gegen Wind und Kälte, gegen Regen und gegen starke Temperaturschwankungen und austrocknende Winde. Und das Beste, die Wolle wächst nach, nach jedem Sommer, nach jeder Schur, nachhaltig und ökologisch. Das abgelegte Wollkleid ist rückstandsfrei biologisch abbaubar.
Schurwolle vom Merinoschaf - die beste Faserqualität
Wildschafe wie das Mufflon standen vor über 10 000 Jahren am Anfang der Domestikation aller heutigen Schafrassen und Landschläge. Bereits die ersten Schafe wurden wegen ihrer Wolle gehalten und gezüchtet. Zunächst aber waren es noch keine Wollschafe, deren Wollkleid ununterbrochen wächst und die deswegen geschoren werden müssen. Die wilden und die ersten gehaltenen Schafe waren Haarschafe, deren Unterwolle im Frühjahr von alleine ausfällt und eingesammelt oder ausgerupft werden kann. Die beste Wollschafrasse heute ist das Merinoschaf mit sehr feiner, weicher und stark gekräuselter Wolle. Das Merinoschaf wurde im Spanien des Mittelalters aus nordafrikanischen Schafrassen gezüchtet und zwar ausschließlich wegen seiner wertvollen Wolle. Heute kommt die meiste Merinowolle aus Australien und Neuseeland. Andere hochwertige Wollqualitäten stammen aus Tirol von dortigen Bergschafen (Bild rechts), die mit Merinoschafen verwandt sind.
Die Eigenschaften von Merino- und Schurwolle
Heute kann man die Naturfaser Merinowolle mit Funktionsfasern vergleichen und feststellen, dass die Wolle viele unerreicht gute Eigenschaften besitzt. Herausragend ist neben der Elastizität und Knitterfreiheit vor allem der Wärmeausgleich und die Feuchtigkeitsregulierung aber auch die Schmutz- und Wasser- sowie Geruchsabweisung. Die hohe Elastizität sorgt für größte Bewegungsfreiheit und höchsten Tragekomfort. In der Tat wird Outdoor- Funktions- und Sportbekleidung aus Merinowolle immer beliebter, weil sich auch feuchte Wollwäsche aufgrund der natürlichen Flauschigkeit nie kalt auf der Haut anfühlt. Der deutlichste Unterschied zu Kunstfasern und ein großer Vorteil von Wolle ist, dass in Wollwäsche Schweiß keinen Schweißgeruch verursacht, die Unterwäsche nicht stinkt. Wolle isoliert hervorragend und muss kaum oder gar nicht gewaschen werden, weswegen sie auch ideal für Wolldecken und Füllungen von Bettdecken geeignet ist. Wollpullover, Wollsocken und Wolldecken aber auch andere Wollsachen wie Wollunterwäsche, Filzhüte und Lodenmäntel nutzen die herausragenden Eigenschaften von Schurwolle. Die besonders feine und weiche Merinowolle hat eine unübertreffliche Wärmeisolierung und kann sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen ohne sich feucht anzufühlen.
Tierhaare von Alpaka bis Ziege
Die korrekte Bezeichnung für die feine Unterwolle oder das Flaumhaar verschiedener anderer Tiere, also nicht von Schafen, ist nicht Wolle sondern "Tierhaare". Diese Tierarten liefern, neben den Schafen, weitere wärmende, teilweise wunderschöne, glänzende Edelhaare. Angora, die feinste aller Naturfasern, stammt vom Angorakaninchen. Das Fell der Angorakaninchens wird zur Gewinnung der Angorawolle ausgekämmt und vor allem für wärmende Unterwäsche verarbeitet. Die Angoraziege liefert hingegen Mohairwolle. Mohair ist optisch besonders schön durch die gewellten, glänzenden Edelhaare, die zu hochwertigen leichten und weichen Pullovern und Mänteln verarbeitet werden. Eine andere Ziege liefert die Kaschmirwolle. Zur Gewinnung werden die Edelhaare aus dem Fell der Kaschmirziege ausgekämmt. Kaschmir ist besonders fein und edel, so dass die Wolle zu teuren Schals verwebt wird. Auch Kamelhaar wird nach dem Winter ausgekämmt. Es ist die flaumweiche Winterisolierung der zweihöckrigen Kamele. Die südamerikanischen Kamel-Verwandten Alpaka und Lama, sowie das wildlebende Vikunja liefern ebenfalls sehr weiche Wolle. Anders als die Lastentiere Kamel und Lama ist das Alpaka eine Nutztierart speziell zur Erzeugung von Wolle, so dass auch das Alpaka jährlich geschoren wird (Bild links: Alpakas).
Wolle - die Qualitätskriterien und Siegel
Feinheit und Kräuselung sind die herausragenden Eigenschaften der Merinowolle. Sie machen die Wolle besonders isolierend und besonders leicht aber auch besonders gut spinnbar zu dünnen und besonders elastischen Fäden. Nur Seide ist eine noch feinere Naturfaser. Die Faserlänge beziehungsweise Stapellänge und der Glanz von Wollfasern sind weitere aber entgegengesetzte Qualitäten, die aber weniger der Wärmeisolierung und Feuchtigkeitsaufnahme dienen sondern eher der Schönheit von Tuchen und Geweben, wie beispielsweise bei Kaschmir beziehungsweise Paschmina.
Die Herkunft und Erzeugung der Wolle sind wichtige Qualitätskriterien. Nur die durch Schur vom gesunden lebenden Schaf gewonnene Wolle darf als Schurwolle bezeichnet werden. Noch hochwertiger ist Lammwolle vom erstmals geschorenen Lamm. Schurwolle und Lammwolle tragen das Woolmark- oder Wollsiegel (Abbildung links). Dieses ist zu unterscheiden von 'Wolle', die entweder 'Reißwolle' aus Widerverwendung ist oder von Schlachttieren stammt und minderwertig ist. Das 'Cool-Wool' Siegel ist ein anderes, wiederum sehr hochwertiges Wollsiegel, das aufgrund der hohen Qualität sehr feiner Merinofasern, die wärmeausgleichende Wirkung der Wolle für dünne, sommerliche Kleidung zeigt (Bild rechts).
Produkte aus Merino-Schurwolle
Naturreine Merino Schafschurwolle ist eine idealer Rohstoff. Sie nimmt ca. 33% des Eigengewichtes an Feuchtigkeit auf.Durch die hohe Selbstreinigungskraft naturreiner Schurwolle sind Kleidungsstücke und Bettwaren pflegeleicht - sie müssen nur gelüftet werden. So ist eine lange Lebensdauer gewährleistet. Ökologisch und nachhaltig.
Autorin: Stefanie Goldscheider
Andere Naturfasern:
- Kapok- Seide
- Leinfaser beziehungsweise Flachs
- Holz
- Bambus
- Hanf
- Baumwolle
- Kokosfasern