Weinbau und Rebenerziehung
Gesundheitswert, Inhaltsstoffe und Alkohol
Weinbauländer und Qualitätsklassen
Rebsorten und Rebsortenweine
Glossar der Weinfachbegriffe
3. Weinherstellung
Weinlese, Kelterei und Weinausbau
Alles beginnt mit der Weinlese
Die Weinernte beziehungsweise Traubenernte findet im Herbst statt. Für die aufwändige Handarbeit oder die maschinelle Lese gibt es weitere Begriffe in Deutschland - Weinlese odetr Herbsten. Je nach Reifegrad und Gesundheit der Beeren sowie dem Wetter können durch verschiedene Ernte- beziehungsweise Lesetermine unterschiedliche Weine gekeltert werden. Noch im Sommer werden Trauben für den Federweißer geerntet. Auch für Schaumweine werden die Trauben besonders früh gelesen, für edelsüße Weine besonders spät. Die Weinlese für hohe Qualitäten erfolgt sorgfältig in Handarbeit mit einer Schere. Für Eisweine werden die gefrorenen Trauben erst nach Einsetzten von Frost geerntet.
In der Reifezeit, die je nach Rebsorte zwischen Mitte August und November liegt, nimmt der Zuckergehalt der Beeren beständig zu, wogegen der Säure- und der Wassergehalt abnimmt. Aber auch der Extraktgehalt (6) und die Tannine entwickeln sich während der Reife weiter, eventuell auch die Edelfäule (Botrytis) (8), die aber nur für edelsüße Weißweine von Bedeutung ist.
Ein wichtiger Indikator für die Reife ist neben dem Geschmack das Mostgewicht (9). Beim Mostgewicht handelt es sich um den Zuckergehalt der Trauben, der in Grad Oechsle (9) gemessen wird. Im Wesentlichen wird damit der Alkoholgehalt des späteren Weines vorhersagbar. Oechslegrade spielen vor allem in Deutschland, wo Rebsortenweine das Sortiment beherrschen, eine überragende Rolle für die Einteilung der Wein-Qualitätsklassen. Je nach Jahrgang sind in Deutschland die zur Erzeugung hoher Qualitätsklassen erforderlichen Zuckergehalte nur schwer zu erreichen.
Von der Maische in die Kelter
Keltern bezeichnet das Pressen der Maische zu Most. Most ist nichts anderes als frischer Traubensaft. Maische erhält man durch das Zerkleinern oder mahlen der Beeren direkt nach der Ernte. Die Verfahren des Einmaischens reichen vom Stampfen mit Füßen im offenen Holzbottich bis zu kontinuierlich arbeitenden Traubenmühlen und Gärbehältern aus Beton oder Stahl. Vor dem Keltern bleibt die Maische allerdings für eine bestimmte Zeitspanne stehen, damit sich Saft und feste Bestandteile besser trennen.
- Weißwein wird nach kurzer Standzeit gepresst - man spricht dann von Süßkelterung.
- Rotwein keltert man erst nach der Maischegärung. Aromen, Gerb- und Farbstoffe der Schalen gehen je nach Dauer beziehungsweise Maischestandzeit mehr oder weniger in den Most über. Die Maischegärung für Rotweine schließt auch eine ständige Vermischung von aufschwimmendem Trester und Saft mit ein. Die traditionelle alkoholische Maischegärung von Rotweinen dauert Tage bis Wochen und hat tiefrote, komplexe und alterungsfähige Weine zum Ergebnis.
- Roséwein und Weißherbst sowie Blanc de Noir wird nach einigen Stunden aus roten Trauben gekeltert, weswegen nur wenige Farbstoffe und Phenole in den Most übergehen und der Roséwein weniger herb wird.
Weingärung
Die Verfahren der Gärführung für Rotweine unterscheiden sich stark. Zum Zwecke der Kostenersparnis wird bei der Erzeugung von rotem Massenwein die Maische stark erhitzt. Der Most wird bereits nach kurzer Standzeit abgepresst und erst anschließend vergoren. Die biochemischen Prozesse der Weinbereitung sind dabei anders als in traditionellen Verfahren. Großtechnisch erzeugte Rotweine sind zwar schnell trinkfähig, eigenen sich aber nicht zur Lagerung. Umgekehrt können durch zu lange Maischestandzeiten zu viele bittere Gerbstoffe = Tannine in den Rotwein gelangen, was nicht zu einem süffigen, vielschichtigen Wein beiträgt.
Das Verfahren der Maischeerhitzung darf nicht mit der Herstellung von Primeurweinen, die ebenfalls jung zu trinken sind, verwechselt werden. Primeurweine aus dem Beaujolais bilden eine Ausnahme unter den Rotweinen. Sie werden ohne Zerkleinerung der Beeren und ohne alkoholische Gärung, sondern unter Sauerstoffabschluss hergestellt. Das Verfahren, bei dem nur von Hand geerntete, unverletzte Beeren verarbeitet werden, nennt sich Kohlensäuregärung, richtiger Kohlensäuremazeration (fr. macération carbonique). Beaulolais Primeur ist eine traditionsreiche Spezialität.
Winzer, Kellermeister oder Önologe - Vinifizierung bzw. Weinausbau
Die Weinherstellung beziehungsweise der Weinausbau beinhaltet viele Arbeitsschritte und erfordert sehr viel Know-how. Der klassische Winzer mit eigenem Weinberg und eigenem Weinkeller, in welchem er seine Hausweine selbst herstellt, sieht sich heute Genossenschaften oder Großbetrieben gegenüber, die eigene Kellermeister oder Önologen für die Vinifizierung beschäftigen. Die Önologie, also die Wissenschaft vom Wein und der Weinbereitung bringt trotz der Jahrtausende langen Traditionen immer noch viel Neues und auch viel Qualitätssteigerndes zur Praxisreife. Vor allem konnte die Hygiene verbessert und Gärfehler nahezu ausgeschlossen werden.
Ein traditionelles Verfahren zur Konservierung des Weines ist das Harzen mit Baumharz (Bild recht) wie beim griechischen Retsina. Die Zugabe von Harz, das man von bestimmten Kiefern gewinnt, dient heute vor allem der Aromatisierung.
Viel verbreiteter ist der Einsatz von Enzymen, Reinzuchthefen, Zentrifugen und diversen, auch fragwürdigen Mitteln zur Stabilisierung und Schönung des Weines. Insbesondere die Schönung wie etwa mit Asbest-Filtern oder der Zugabe von Kaliumhexacyanoferrat bringt es aber auch mit sich, dass schlechte Beerenqualitäten und schlechte Weine chemisch und physikalisch in trinkbare Weine verwandelt werden können. Direkt vermarktende Winzer und Winzergenossenschaften sowie Weinfachhändler haben solcherlei Designerweine normalerweise nicht im Angebot.
Das Weinfass - Holzfass, Barrique oder Stahltank?
Direkt schmeckbar und mit sehr starkem Einfluß auf die Geschmacksentwicklung sowie die Haltbarkeit der Weine ist die Lagerung und Reifung bis zur Abfüllung in Flaschen. Die Beschaffenheit und Größe der Fässer und die Dauer der Lagerung im Holzfass wirken sich aus. In Holzfässern tritt etwas Sauerstoff zu und verschiedene Holzaromen treten in den Wein über. Das ist besonders ausgeprägt in den kleinen französischen Barriques (11) und umso stärker je neuer diese Eichenfässer sind. In Stahltanks finden diese Prozesse nicht statt, die Weine bleiben rein aber oft auch flach und mit geringerer Haltbarkeit. Das Umfüllen von einem neuen Holzfass in ein altes Fass ist also bei hochwertigen Rotweinen üblich. Über 12 Monate Lagerung in neuen Barriques erfordern anschließend eine viele Jahre dauernde Lagerung bis zur Trinkreife. Das ist nicht Jedermanns Geschmack. Cuvées aus unterschiedlicher Fassreifung ergeben runde, volle, bald trinkbare und doch haltbare Weine.
Diskussionen von Weinexperten und Weinliebhabern ranken sich seit langem um die Frage der Fässer und auch um den Einsatz von Eichenholz-Chips zur Nachahmung des Barrique-Ausbaus (11).
Wein-Mode und Wein-Reinheitsgebot?
Weingeschmack unterliegt auch Modetrends, so dass sich Rebsorten, Kelterei, Mostgärung und Kellerbehandlung im Lauf der Zeit auch immer wieder ändern. Mit neuen oder traditionellen Methoden ist die Erzeugung von erlesenen Spezialitäten und Spitzenweinen, kreativen Neuschöpfungen mit Piwis oder neuen Rebsortenweinen aus Einzellagen von Jahrgang zu Jahrgang immer eine spannende Sache und nur von Könnern zum Erfolg zu bringen. Doch leider ist es inzwischen vorallem in den USA und Australien verbreitete Praxis, den Wein vor dem sogenannten "blenden", das weit über den traditionellen Verschnitt hinausgeht, in seine Bestanteile zu zerlegen. Man entzieht dem Wein Wasser, führt Sauerstoff zu um Lagerung im Holzfass nachzuahmen und scheut nicht vor dem Zusatz von diversen Aromen zurück. Standort- und Jahrgangsunterschiede, Charkteristik von Rebsorte und Lagerung verschwinden im Einheitswein aus dem Labor. Und das ohne sichtbare Kennzeichnung auf der Flasche. Ein Fall für ein Reinheitsgebot für Wein?
Biowein
Beim Ausbau von Biowein wird auf die meisten Hilfs- und Schönungsmittel verzichtet. Der Biowinzer klärt den Wein mit natürlichem Bentonit, einem Tonmineral und filtriert ihn bei der Abfüllung mit Kieselgur. Auch liegt die Schwefelzugabe (10) und damit der Gehalt der Sulfite um mindestens 1/3 niedriger als im konventionellen Weinbau erlaubt. Qualitätsmängel der Beeren und Fehler bei der Kellerbehandlung kann sich der Biowinzer nicht erlauben, da diese nicht chemisch korrigiert oder überdeckt würden. Jedoch arbeiten viele konventionelle Winzer ebenfalls mit traditionellen Methoden und machen nicht vom vollen Umfang des Erlaubten Gebrauch.
Richtlinien für die Kelterung von Biowein
Viele arbeitsaufwändige und langwierige Schritte liegen zwischen der Beerenlese im Weinberg und der Abfüllung der Weine. Die großen Qulitätsunterschiede entstehen durch viele verschiedenen Faktoren. Erfolgt die Weinlese in Handarbeit können wesentlich höhere Traubenqualitäten geerntet werden als bei der maschinellen Ernte, denn durch den Einsatz von Maschinen werden schlechte Beeren genauso mit geerntet wie Insekten und Kleintiere. Eine sorgsame Weiterverarbeitung ohne hohen Pressdruck in der Kelter, ohne Hitzeeinwirkung auf der Maische sondern mit langsamer Maischegärung und natürlicher Filtration durch Gravitation, also dem Absetzen der Schwebstoffe. Weinbergstypische und kellereigene Hefen und Bakterien - und nicht Reinzuchthefen - sollen dem Wein seinen besonderen Charakter verleihen. Aromen und Zusätze aller Art aber auch Holzchips, Entsäuerung oder Wasserentzug sollen unterbleiben. Die Schwefelung darf erst nach der Gärung und nur in sehr begrenztem Umfang erfolgen. Insgesamt sollen die Bio--Richtlinien den Biowinzern dabei helfen ihre Weinqualitäten von Jahr zu Jahr zu verbessern. Sehr wichtig ist dabei der Weinbau durch eine allgemeine Stabilisierung von Weinberg Boden und Mikroklima sowie der Rebengesundheit.
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