Richard Manning: Food's Frontier - The next Green Revolution.
California University Press, Berkeley - Los Angeles - London 2000, 230 pages, ISBN: 0-520-23263-1, EUR 15,99, nur in englischer Sprache.
Der Umweltjournalist Manning beschreibt im Auftrag der U.S. Amerikanischen McKnight-Stiftung, einem Komitee aus international tätigen unabhängigen Wissenschaftlern moderne Projekte zur Ertrags- und Ernährungssicherung aus verschiedenen Entwicklungsländern. Die Stiftung hatte sich zum Ziel gesetzt, nach Anträgen aus den Ländern, also am Bedarf orientierte interdisziplinäre Forschungsprojekte wissenschaftlich zu unterstützen und Experten auszubilden. Der Autor des kurzweilig, anschaulich und eindringlich geschriebenen Buches hat die Projekte selbst besucht und sich sein eigenes, hintergründiges Bild davon gemacht, welches auch für Laien verständlich wiedergegeben wird. Er besuchte Äthiopien, Uganda, Zimbabwe, Indien, China, Brasilien, Mexiko und Peru und beleuchtet jeweils die drängendsten agronomischen Probleme dieser Länder und die neuen, sehr spezifischen Wege der angewandten Agrarforschung.
Bei der weltweiten Grünen Revolution, die in den 50er Jahren begann und besonders in den 60er und 70er Jahren enorme Ertragssteigerungen bei den Getreidearten Weizen, Reis und Mais brachte, insbesondere durch die Züchtung kürzerer Strohhalme und den Einsatz von Agrochemikalien, wurde die Ernährungssituation nur regional und nur für einige Jahrzehnte verbessert. Die mit eingehandelten Probleme zeigten sich alsbald in der Auslaugung der Böden unter Monokultur, hoher Anfälligkeit der Pflanzen gegenüber Krankheiten und durch Resistenzbildung der Schädlinge gegenüber den Chemikalien. Hinzu kamen soziologische Probleme durch die Monopolbildung in der Landwirtschaft, Landflucht und das Anwachsen der bettelarmen städtischen Bevölkerung. So sind Hungersnöte und Fehl- oder Unterernährung weltweit nach wie vor nicht gebannt.
Die nur lokal bedeutenden Kulturen von Süßkartoffeln und anderen Knollenfrüchten, Kichererbsen, Teff oder Hirse standen bei bisherigen internationalen Züchtungsvorhaben immer im Hintergrund. Sie sind aber regional aus verschiedenen Gründen den sehr einheitlichen und empfindlichen Mais, Reis- oder Weizensorten vorzuziehen. Bei Überschwemmungen oder Dürre, sowie gegenüber Schädlingsfraß und Krankheiten garantieren sie eine größere Ertragssicherheit. Sie können im Land produziert werden und sichern damit Kleinbauern ein Einkommen und dem Land selbst die Unabhängigkeit von Importen. Oft sind sie das bevorzugte Grundnahrungsmittel der ansässigen Bevölkerung und haben außerdem einen hohen Nährwert. Wegen dieser offensichtlichen Vorteile müssen Regierungen bestrebt sein, das oft sehr marginale Ertragsniveau dieser Pflanzen zu steigern, was oft auch mit modernsten Methoden nicht einfach ist.
Die Einflüsse sind dabei nicht nur agronomischer oder technologischer Art. In sehr prägnanten Anekdoten erfährt der Leser viel landestypisches und kulturbedingtes. Manning zeigt, wie demographische Tatsachen durch AIDS oder den Völkermord zwischen Hutus und Tutsis, Bildungs- und Ausbildungsmangel, Bodenreformen, Welthandelspreise und die Globalisierung, Hierarchien und Umgangsformen den möglichen Fortschritt vor Ort verhindern oder bremsen können. Er beschreibt aber auch die Stabilität und Nachhaltigkeit mancher traditioneller Systeme unter sehr schwierigen äußeren Bedingungen wie z.B. die Mischkulturen aus unzähligen Maissorten und Wildpflanzen, Bohnen, Kürbissen, Früchten und Tieren in Mexiko oder aus unzähligen Kartoffelarten, Mais, Amaranth, Lupine und Tieren in den Anden. In diesen komplexen und ausgeklügelten Systemen können Wissenschaftler einerseits lernen und andererseits das große Reservoir der Genressourcen nutzen.
Anhand von Beispielen werden die auftretenden pflanzenzüchterischen Probleme beschrieben, die im Unterschied zur Weizen-, Reis- und Maiszüchtung weit größere Herausforderungen darstellen. In diesem Zusammenhang steht auch die Diskussion um transgene Organismen und Patentrechte, die in Food's Frontier sehr differenziert geführt wird. Der Autor macht klar, dass Landwirtschaft weltweit in vielschichtiger und sehr komplexer Weise größten Einfluss auf die Ökologie, das Klima, das Wasser, den Wohlstand und die Sozialstrukturen der Gesellschaft nimmt und dies nicht erst seit Erfindung des Gentransfers eine zu beachtende Gefahr und Chance ist.
Mit sicherem Blick auf die komplizierten globalen Zusammenhänge zwischen Ernährung, Politik und Wissenschaft gelingt es Richard Manning, die wichtigen Aspekte allgemein verständlich darzustellen. Ein sehr aktuelles, aufwühlendes und unterhaltsames dem ich viele Leser wünsche.
Stefanie Goldscheider