Polyporus - der Eichhase

(Polyporus umbellatus)

von Stefanie Goldscheider

Der Vitalpilz Zhu Ling - heimisch und heimlich

Eichhase Copyright LebracDer Eichhase ist ein großer Baumpilz und kann viele Kilogramm schwer werden. Als holzbewohnender Porling wächst er in alten Laubwäldern, vor allem an Eichen und Buchen. Allerdings ist er trotz seiner Größe schwer zu entdecken. Er kommt in Deutschland und in Mitteleuropa vor, genauso wie in Nordamerika, dem Kaukasus, Ostasien und Japan. Vor allem in China ist er unter dem Namen "Zhu Ling" ein bekannter Heil- und Speisepilz. Bei uns und auch weltweit ist der Eichhase, der in Deutschland auch "Ästiger Büschelporling", in Frankreich "Poule de Bois" also "Waldhenne" und in England "Umbrella Polypore" also "Regenschirm-Porling" heißt, sehr selten. Polyporus umbellatus [1] bildet viele kleine und gestielte Hüte als einen gemeinsamen Fruchtkörper. Diese vergehen jedoch rasch.

Altbekannt und voller Überraschungen

Bemerkenswert bis ungewöhnlich sind gleich mehrere Eigenschaften des Eichhasen. Polyporus ist ein Weichporling und ein Stielporling. Seine Pilzhüte erscheinen an verzweigten Stielen (Illustration unten). Er gilt als guter Speisepilz, ganz anders als die meisten anderen Porlinge. Wenig erforscht ist seine eigene Ernährungsweise. Als Baumpilz lebt er vom Holz absterbender Laubbäume. Doch scheint er ausserdem einen Pilzpartner zu brauchen und zwar den Hallimasch. Polyporus ernährt sich von Rhizomorphen [2], den Überdauerungsorganen dieser weit verbreiteten parasitischen Pilze. Daneben bildet Polyporus unterirdisch selbst harte, knollige Überdauerungsorgane, sogenannte Sklerotien aus. Diese Sklerotien haben eine große Heiltradition. Pilz und Sklerotium von "Zhu Ling" oder "Chuling" werden medizinisch genutzt und sind seit 2500 Jahren Bestandteil der TCM als Mittel für Niere und Blase. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen inzwischen diese Anwendungen und zeigen weitere auch in der begleitenden Krebstherapie.

Vorkommen:

Polyporus umbellatus ist, wie alle Porlinge, Polyporus Illustration aus Schmeils naturwissenschftliche Atlanten ein Zersetzer von Holz und ein Parasit, der schwache Bäume befällt. Daneben hat er aber auch spezielle Bodenansprüche. Sie ähneln denen des Klapperschwamms unterscheiden sich aber von vielen anderen Porlingen und heimischen Pilzen. Der Eichhase bevorzugt kalkhaltige und basenreiche Böden und meidet saure und sandige Standorte. Er erscheint in der warmen Jahreszeit bei uralten kranken oder abgestorbenen Bäumen und Baumstümpfen von Hartholzbäumen. Bei uns sind das vor allem Eichen und Buchen. Ähnlich wie die Krause Glucke kann der Eichhase direkt an der Stammbasis aber auch im Wurzelbereich seine großen verästelten Fruchtkörper bilden. Er verursacht eine Weißfäule und wächst noch viele Jahre nach dem Absterben des Baumes weiter. Längst laufen Versuche den Bedarf an Polyporus in der Medizin durch Anbau zu decken. Dazu bietet sich die Züchtung in Nährmedien an, genauso wie die natürliche Vermehrung im Wald durch die Schaffung geeigneter Wachstumsbedingungen.

Verwendung:

Die frischen Fruchtkörper des Eichhasen können gegessen werden. Der getrocknete und vermahlene Fruchtkörper und vor allem das Sklerotium werden in Japan unter dem Namen "Chorei Maitake" und in China als Zhu Ling vielfältig medizinisch verwendet. Bekannt sind diuretische, antiödematöse, antibakterielle, strahlenprotektive, krebshemmende, antirezidive, das Haarwachstum fördernde und die Haut verbessernde Eigenschaften.

Inhaltsstoffe:

Wie sein naher Verwandter Grifola frondosa enthält auch Polyporus umbellatus hohe Anteile an Polysacchariden, als beta-Glucane und als eiweißgebundene Zucker. Von großer Bedeutung sind aber auch seine ungefähr 20 Sterole, darunter Ergosterol als Vorstufe des Vitamin D und Ergon, das als krebshemmend gilt. Medizinisch besonders interessant sind die sogenannten Polyporus-Sterone, die zu den Triterpenen gehören und Wirkungen als Radikalfänger, als Entzündungshemmer, als Krebshemmer und als Haarwuchsmittel entfalten. Der Mineralstoffgehalt ist mit über 6 % ebenfalls sehr hoch, v.a. an Kalium, Kalzium und Eisen aber auch Mangan und Zink.

Eichhase für Niere und Blase

Eichhase

Ein ganzer Komplex an Wirkstoffen zur Behandlung und Stärkung von Nieren und Harnblase findet sich in Polyporus. Das Sklerotium, das in der TCM als "Chuling" bekannt ist, wirkt stark entwässernd und harntreibend und kann auch gegen Ödeme eingesetzt werden. Das lässt sich inzwischen wissenschaftlich bestätigen. Das Besondere ist, dass die diuretische Wirkung nicht den Kaliumspiegel senkt. Ausgeschieden werden Wasser sowie Natrium und Chlorid. So ist keine Gefahr bei Herz- und Niereninsuffizienz und kein Blutdruckanstieg zu befürchten. Positiv auf die Nieren und die ableitenden Harnwege, den ganzen Urogenitaltrakt wirken sich auch die antibakteriellen Substanzen in Polyporus aus.

Haut und Haare

Haarverlust ist ein komplexes Problem genauso wie ein gestörtes Hautbild. Traditionell wird der Pilz beziehungsweise das vermahlene und extrahierte Polyporus-Sklerotium (Bild unten) zur Förderung von Haarwuchs und zur Verbesserung des Hautbildes eingesetzt. Tatsächlich beruhen diese Einsatzgebiete wohl auf der Anregung des lymphatischen Systems, auf der Öffnung der Poren der Schweißdrüsen und auf der Entspannung der Muskulatur. Diese Wirkungen sind, genauso wie die Entzündungshemmung und antioxidative Effekte, wissenschaftlich nachgewiesen.

Auch das Fellwachstum von Haustieren soll durch Polyporus angeregt werden.

Polyporus in der begleitenden Krebstherapie

Polyporus SklerotiumDas Polyporus Sklerotium "Chuling" enthält die gleichen Wirkstoffe wie der Pilzfruchtkörper, allerdings in höherer Konzentration. Für medizinische Anwendungen in der Onkologie und der begleitenden Strahlentherapie kommt es auf diese besonderen Polyporus Wirkstoffe an. Durch die hautschützende Wirkung und den Schutz der DNA und der Roten Blutkörperchen sowie stimulierenden Effekte auf das Immunsystem sollen Polyporus-Extrakte die Nebenwirkungen von Strahlentherapie und Chemotherapie mildern. Auch der Schutz der Leber, die in Chemotherapie und Strahlentherapie stark belastet wird, führt zu einer besseren Verträglichkeit mit Polyporus. Dank der Schutzwirkung für die Leber wird Polyporus auch gegen Gelbsucht und Hepatitis eingesetzt. Wirkstoffe aus Polyporus besitzen aber auch direkt antikanzerogene und antirezidive Effekte auf bestimmte Krebszellen. In China wird Polyporus in der adjuvanten Therapie bei Leukämie und Lungenkrebs sowie gegen Tumorzellen in der Leber und in der Blase verwendet.

Autorin: Stefanie Goldscheider

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Anhang

[1] Umbellatus: Lateinisch "umbella" bedeutet Sonnenschirm. Botanisch wird "umbellatus" und "umbellifer" für doldenförmig verwendet - für viele aufgespannte Sonnenschirme in einer gemeinsamen Dolde.

Rhizomorphe des Hallimasch[1] - Rhizomorphen sehen wie Wurzeln aus. Sie sind quasi die Speicherwurzeln von Pilzen. Rhizomorphen sind genauso schwarz wie die anderen Überdauerungsorgane der Pilze, die Sklerotien. Das kommt vom natürlichen Farbstoff Melanin. Rhizomorphen sind - anders als das Myzel aus dem auch sie bestehen - verhältnismäßig zäh und hart. Das Bild links zeigt das typische Rhizomorph vom Hallimasch. Es ist nicht nur im Boden zu finden sondern auch wie hier unter der Rinde abgestorbener Bäume. Hallimasche sind auch Symbiosepartner von Orchideen. Sie sind aber auch wirtschaftlich bedeutsame Holzzerstörer. Armillaria mellea, der honiggelbe Hallimasch tötet seinen Wirt, die Fichte, rasch ab.

 

Quellen und Literatur zu Pilzen und Heilpilzen

 

- Heilende Pilze, Jürgen Guthmann, Quelle & Meyer 2016

- Mykotherapie für Tiere. Vitalpilze: Heilkraft, Wirkung und Anwendung, Wanda May Pulfer, Thieme 2019.

- Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms, Paul Stamets, 3rd ed. 2000, Ten Speed Press

- Die Großpilze Baden-Württembergs