Holz, ein nachwachsender Rohstoff

von Stefanie Goldscheider

Holz gegen den Klimawandel

Holz ist der klassische nachwachsende Rohstoff. Unvorstellbare Mengen werden als Brennstoff und in der Papierindustrie verwertet. Beim Hausbau, für die Möbelschreinerei und die Fertigung von Musikinstrumenten werden besondere Hölzer mit technischen und optischen Qualitätskriterien benötigt.

Der enorme Holzbedarf für alle Bauzwecke ist eigentlich eine gute Möglichkeit Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen und der Klimaerwärmung entgegen zu wirken. Bäume binden sehr viel CO2, denn Holz besteht zu 50 % seines Gewichte aus Kohlenstoff. Jeder Dachbalken, Fensterrahmen und jedes Möbelstück aus Holz kann ein Beitrag zum Klimaschutz sein, wenn das Holz nachhaltig erzeugt wurde.
Doch leider sind viele tropische Holzarten nach jahrzehntelangem rücksichtslosem Raubbau durch rigorose Abholzung akut vom Aussterben bedroht. Weniger gesuchte Baumarten gehen bei der großflächigen Brandrodung in Flammen auf. Mit Ihnen werden die Biotope und Habitate ungezählter Tier- und Pflanzenarten vernichtet.

Edelhölzer aus heimischen Wäldern

Gedrechselte Schale aus BirnenholzTropenhölzer sind wegen ihrer Farbigkeit und Schönheit (Bild oben), wegen ihrer Härte und damit der polierbaren Oberfläche, wegen ihrer Maßhaltigkeit im Fenster- und Türenbau oder wegen ihrer Dauerhaftigkeit gegen Witterung und Pilzbefall für Gartenmöbel und Holz für die Terrasse hoch geschätz. Doch sind beispielsweise Teak, Palisander oder Ebenholz nicht nur wertvoll sondern auch sehr selten.
Die Forderung nach einem Ersatz von Edelholz aus den Tropen durch einheimische Holzarten ist nicht neu. In Mitteleuropa gibt es viele wertvolle Holzarten für alle Zwecke vom dauerhaften Holz für Bauzwecke über besonders zähe Hölzer für Werkzeuge, hartes Holz für Parkette oder besonders schönes für Schreinerei und Drechslerei (Bild rechts, gedrechselte Schale aus Birnbaum). So beispielsweise Kirsche, Speierling und Elsbeere.

Doch auch bei uns muss um das Überleben bestimmter Baumarten und Waldstandorte gerungen werden.

Agroforstwirtschaft und "multi purpose trees"

Agroforstwirtschaft oder Misch- und Mehrfachnutzung von Bäumen wird in tropischen Wäldern, aus denen viele unserer Edelhölzer kommen, seit langem mehr oder weniger erfolgreich propagiert und praktiziert. Schon allein der Schatten, den Bäume spenden, kann für die Haltung von Schafen oder Rindern vorteilhaft sein. Auch gibt es Bäume, deren Blätter oder Zweige vor allem als Tierfutter dienen und andere deren Früchte, Samen oder Rinde direkt oder verarbeitet konsumiert werden können. Man nennt diese Bäume dann multi purpose trees - Multifunktionsbäume. Neben der unverzichtbaren Nahrungsmittelproduktion kann Feuerholz und Bauholz zum Eigenbedarf und zum Verkauf erzeugt werden. In der Agroforstwirtschaft soll der Waldcharakter und die Artenvielfalt möglichst erhalten bleiben und gleichzeitig eine Wertschöpfung stattfinden. Beispiele dafür sind der Mangobaum, der Kapokbaum, die Kokos- und die Açai-Palme und Moringa, deren Pflanzenorgane sogar medizinischen Zwecken dienen. Eur europäische Beispiele dafür sind die Pinie oder die Lärche.

 

Nachhaltige Systeme, nicht nur in den Tropen!

Nachhaltige Systeme sind nicht nur in den Tropen möglich und sinnvoll. Auch bei uns sind edle Baumarten selten geworden, da sie durch die intensive Waldwirtschaft (Bild links, Fichtenmonokultur) mit ihren sehr dichten Beständen, verdrängt wurden. Fichte und Buche wachsen schnell in die Höhe und lassen wertvollen Lichtbaumarten, die langsamer wachsen keinen Platz. Einige dieser Baumarten liefern neben wunderschönem Holz wie beispielsweise dem der Traubenkirsche auch wertvolle Früchte sowie Habitat und Nahrung für zahlreiche Vögel (Bild rechts), Kleinsäuger und Insekten. Beispiele sind Eichen und Zirbelkiefern. Dazu kommt - in Zeiten des Klimawandels - dass diese langsam wachsenden Lichtbaumarten tiefer wurzeln und widerstansdfähiger gegen Dürre sind.
Zwei besonders seltene heimische Baumarten, die von Mensch und Tier begehrte Früchte tragen und ein besonders wertvolles Holz haben, sollen hier näher vorgestellt werden - der Speierling und die Elsbeere.


Der Speierling oder Sperbelbaum

Speierling-BlätterDer Speierling (Sorbus domestica) ist ein Rosengewächs - eigentlich wie alle einheimischen Obstbäume von Apfel bis Zwetsche. Die Früchte des Speirlings ähneln kleinen Birnen oder Äpfeln, seine Blätter und Blüten ähneln der Eberesche oder Vogelbeere, einer anderen Sorbus-Art. Das Holz ist ähnlich schön und rötlich gefärbt wie Birnbaumholz, allerdings ist es viel schwerer. Speierlingbäume sind von Nordwest-Afrika über die Iberische Halbinsel, Frankreich und Südeuropa bis nach Kleinasien verbreitet. Sie können in lichten Mischwäldern auch in Deutschland wachsen und gedeihen als Einzelbäume besonders gut in Weinbaulagen, also im heißen Klima. Ihre tiefen, ausladenden Wurzeln verleihen ihnen große Sturmfestigkeit und Dürreresistenz. Leider sind die seit der Antike genutzten Bäume in Deutschland weit zurückgedrängt und vielerorts ausgestorben.

Speierling- Früchte

Als freistehende Einzelbäume haben Speierlinge ausladende Kronen von 15 bis 20 m Durchmesser und tragen reichlich Früchte. Durch Jahrhunderte lange Selektion sind ertragreiche Fruchtbäume entstanden. Speierlingfrüchte zäheln wie Äpfel und Birnen zum Kernobst und werden 3 bis 4 cm groß. Sie besitzen einen sehr hohen Marktwert. Durch den hohen Gerbstoff- und Säuregehalt sind sie unreif praktisch ungenießbar. Reif schmecken sie mild-säuerlich und enthalten viel Kalium und 40 mg Vitamin C pro 100 Gramm - so viel wie Äpfel und Orangen. Wie andere Arten der Gattung Sorbus enthalten sie Parasorbinsäure, die sich zu dem natürlichen Konservierungsmittel Sorbinsäure umwandelt. Bis heute werden unreife Speierlingfrüchte für die Apfelweinherstellung verwendet. Ihre Gerbstoffe und Säuren klären den Apfelwein und verbessern dessen Geschmack und Haltbarkeit. Regional wird aus dem Most ein hoch bezahlter Schnaps gebrannt. Doch auch als Frischobst und für Konfitüren ist der Speierling begehrt.

Speierling-Holz

Als Waldbäume können Speierlinge 30 m hoch und 200 Jahre alt werden. Als Einzelbäume erreichen sie beeindruckende Stammdurchmesser von bis zu 1,40 m und werden teilweise 300 Jahre alt.

Das Kernholz des Speierlings ist farbig (Bild rechts), rötlich oder braun und außergewöhnlich schwer. Mit einer durchschnittlichen Rohdichte im darrtrockenen Zustand (kleinstmögliche Dichte) von 0,88 g/cm3 gehört Speierlingholz nach Buchsbaum und neben Olive und Eiche zu den schwersten europäischen Hölzern. Härte, Zug-, Druck- und Biegefestigkeit sowie die anderen mechanischen Kennwerte von Holz sind etwa proportional zur Dichte. So wurde und wird das harte, zähe und gut polierbare Holz für die Drechslerei und Kunsttischlerei sowie zum Instrumentenbau und hier besonders für Dudelsackpfeiffen verwendet. Früher fertigte man sogar hochbelastete äder für Mühlen daraus.

Heute wird das schönste, gleichmäßigste Holz vornehmlich für Furniere verarbeitet.

Die Elsbeere

Elsbeer-BlätterDie Elsbeere (Sorbus torminalis) ist ein Waldbaum der gemäßigten nördlichen Breiten mit Hauptverbreitungsbebiet von Nordafrika über Süd- und Mitteleuropa bis zum Kaukasus. Die Elsbeere ist in Frankreich relativ häufig und kommt in warmen Lagen Deutschlands, in Polen und Südengland vor. Blüten und Früchte des 20 bis 30 m hoch werdenden Rosengewächses können mit der Eberesche oder der Mehlbeere verwechselt werden. Die Blätter der Elsbeere ähneln in Form und Herbstverfärbung aber Ahornblättern. Das Holz hat eine schöne rötliche Färbung, die Rinde ähnelt der von Birnbäumen. Die Wurzeln wachsen wie die des Speierlings mehrere Meter tief und verankern sich fest im felsigen Untergrund.

Elsbeerfrüchte

Die großen apfelartigen Früchte der Elsbeere sind sehr gerbstoffhaltig, aber reif essbar. Sie werden auch gerne von Vögeln gefressen. Will man diesen zuvorkommen, muss man von Hand oder durch Schütteln die unreifen Früchte rechtzeitig ernten und nachreifen lassen. Ein gut fruchtender Baum erbringt 100 bis 150 kg Elsbeeren. Diese sind in der Schnapsbrennerei sehr gesucht und werden gut bezahlt. Das hochprozentige Endprodukt mit seinem speziellen Aroma nach Mandel und Frucht gehört zu den teuersten Bränden überhaupt. In Österreich wird es als Adlitzbeerenbrand, im Elsaß als Alisier, einem Verschnitt mit der preisgünstigeren Mehlbeere verkauft.

Elsbeerholz

Elsbeerholz hat einen warmen, rötlichen Ton ähnlich dem Birnbaumholz [1] , ist meist eher schlicht und ohne farbigen Kern. Manche alte Bäume zeigen jedoch dunkle Einlagerungen und werden als bunt bezeichnet (Bild links, wildes Holz). Die noch verbliebenen Elsbeer- und auch Speierlingsstämme kommen oft von Waldrändern, wohin sie zurückgedrängt wurden. Dort sind sie verdreht und krumm herangewachsen und geben ein schlechteres Bild ihres Nutzholzwertes ab. Elsbeerholz ist schwer, hart und zäh und ähnlich dem Speierlingholz gut zu polieren. Es wurde früher wegen seiner Maßhaltigkeit für mechanische Teile beispielsweise in Messgeräten und Klaviermechaniken verwendet. Geeignet ist es auch für Musikinstrumente wie Flöten und Pfeifen.

Die Preise für gleichmäßig gewachsenes Elsbeerholz liegen weit über denen für Nussbaum oder Kirsche und erreichen Spitzenwerte von 8000 Euro je Festmeter Holz. Diese schönen Stämme werden zu edlen Furnieren verarbeitet. Die wilden Hölzer eigenen sich vor allem für die Drechslerei.

Ökologie, Klima und Biodiversität

junger SpeierlingSpeierling und Elsbeere sind schwachwüchsige Baumarten und können in modernen Nutzwäldern nur sehr schwer gegen die schnell- und hochwüchsigen Buchen und Fichten konkurrieren, die ihnen das Licht nehmen. Alte, gerade gewachsene Exemplare dieser wertvollen Hartholzarten sind oft aus Unkenntnis oder kommmerziellen Interessen in den Wäldern geschlagen worden. Die Pflege junger Bäume kann in den immer größer werdenden Forstrevieren zudem kaum noch gewährleistet werden. So fehlt inzwischen die Möglichkeit zu ihrer natürlichen Regeneration. Werden junge Bäumchen nicht in ihrer Anfangsentwicklung gefördert, das heißt gegen Wildverbiss und Überwucherung geschützt, so gehen sie unter. Dabei sind die wärmeliebenden, tiefwurzelnden Speierlinge und Elsbeeren sehr robust und unempfindlich für heiße, trockene Sommer sowie gegen Stürme und neuartige Waldschäden. Beim sich ankündigenden Klimawandel sind sie geeignete Baumarten um den neuen Bedingungen von Dürre und Hitze zu widerstehen.

Engagierte Forstwirte, Privatpersonen und Baumschulen versuchen seit langem dem Verschwinden entgegen zu wirken und erforschen und erproben die schwierige Vermehrung und Verpflanzung insbesondere des Speierlings. In den letzten 20 Jahren wurden in Deutschland Hunderttausende junger Elsbeeren und Speierlinge in Gärten, Parks, Alleen und Wäldern oder auf Streuobstwiesen (Bild rechts) ausgepflanzt. Auf europäischer Ebene wird eine wissenschaftlich untermauerte Erhaltungszüchtung der selten gewordenen Arten betrieben, die notwendig wurde, da die für den Fortbestand erforderliche genetische Vielfalt an den einzelnen Standorten nicht mehr gegeben ist.

Anhang
[1] Birnbaum-Holz hat ähnlich gute Eigenschaften wie Elsbeerholz, weil es sehr feinporig ist. Auch das Holz der großen Mostbirnenbäume, die vornehmlich auf den verbliebenen Streuobstwiesen wachsen wird inzwischen rar, weil die Bäume nicht mehr nachgepflanzt werden.

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