Hirse und Braunhirse

Von Stefanie Goldscheider

Hirsen weltweit

Hirse gehört zum weltweit ältesten Getreide für Brot. Ungesäuerten Fladenbrote wurden bereits vor ungefähr 8000 Jahren aus Hirse hergestellt und zwar sowohl in Mesopotamien, wo auch unsere anderen Getreidearten herstammen, als auch in China. Unter Hirse versteht man eine ganze aber sehr vielgestaltige Gruppe von echten Getreidearten. Sie haben kleine harte Körner. Hirsearten erinnern in Ihrem Wuchs an kleine Maispflanzen. Alle Hirsearten sind Gräser, entstammen aber verschiedenen Pflanzengattungen und sind damit sehr unterschiedlich in Geschmack, Nährwert und Anbaueignung. Hirsearten sind weltweit zu Hause. Die wichtigsten Hirsearten sind die sogenannten Sorghum-Hirsen mit der sehr ertragreichen Mohrenhirse, die vor allem verfüttert wird und die Millet-Hirsen mit Rispenhirse, Kolbenhirse und Perlhirse. Auch diese Hirsearten kennt man als hochwertiges Körnerfutter für Vögel. Lokal bedeutsam für die Ernährung sind weitere Gattungen von Hirse, vor allem in Afrika und Asien, die im Anbau sehr anspruchslos sind und die sichersten Erträge versprechen.

Die ökologische Bedeutung von Hirse

In Deutschland und den Nachbarländern ist neben der echten Hirse oder Rispenhirse (Panicum miliaceum) auch die Kolben- oder Perlhirse bekannt, die man Ziervögeln füttert. Heute ist der Anbau und Konsum von Hirsen vor allem in Afrika und Asien weit verbreitet. Besonders in trockeneren oder gebirgigen Regionen ist Hirse ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Hirsearten sind ökologisch besser angepasst an ärmeren Boden, eine kürzere Vegetationszeit und ein spärliches Wasserangebot als etwa Reis und Mais. Hirse ist weit besser an Hitze angepasst als Weizen oder Gerste. Damit ist Hirse in vielen Gebieten der Erde, die vom Klimawandel betroffen sind, eine Pflanze der Zukunft. Hirse enthält mehr Mineralstoffe als die anderen Getreidearten und ist damit auch für unseren Speiseplan interessant. Hirse und Hirsemehl werden traditionell zu Fladen oder Brei aber auch zu Bier und anderen Getränken verarbeitet.
Zu den Hirsen zählen übrigens auch Fonio in Westafrika, Teff in Äthiopien und Fingerhirsen in Indien.

Die echte Hirse

Die Rispenhirse oder echte Hirse (Bild links, © Thomas Muer) hat auch in Europa eine Jahrtausende alte Tradition. Überall in den wärmeren Gebieten wurde sie angebaut und war wichtiger Bestandteil der Ernährung in Form von Hirsebrei. Ihre Bedeutung in Europa verlor sie durch die Einführung von Kartoffeln und Mais aus Amerika, die ertragreicher sind und durch Importe von Reis. Auch ist das Backen von richtigem Brot mit Hirse nicht möglich. Hirsemehl fehlt das Klebereiweiß zum Aufgehen des Teiges. Andererseits ist Hirse glutenfrei und für Zöliakiepatienten geeignet.


Die weltweite Bedeutung der Hirsen wird durch verschiedene Faktoren zunehmen: die genetische Vielfalt ist sehr groß und ermöglicht schon jetzt ihren Anbau überall dort wo Bewässerungswasser fehlt, die Ackerflächen eher unfruchtbar sind, wo Dürreperioden und Hitzewellen drohen, wo Düngemittel Mangelware sind und Pestizide gegen Getreidekrankheiten nicht zur Verfügung stehen. Die Folgen des Klimawandels machen die lange vernachlässsigte Getreideart immer interessanter. Dazu kommen neue Verfahren in der Weiterverarbeitung der Hirse und veränderte Bedürfnisse der Ernährung.

Was steckt drin in Hirse?

Viel Kieselsäure

Hirse ist ein glutenfreies Getreide und hat eine hohe Nährstoffdichte. Die kleinen Körner enthalten 12 % Eiweiß, 5 % Fett und 3,8 % Mineralstoffe. Hirse ist besonders reich an Vitaminen des B-Komplexes insbesondere an Vitamin B6. Allerdings kennen wir Hirse vorwiegend als geschältes Verarbeitungsprodukt in Form von Hirseflöckli, Hirsegraupen und Hirsegrütze. Der Mineralstoff-, Vitamin-, Fett-, und Ballaststoffgehalt ist dann geringer. Besonders der außergewöhnlich hohe Kieselsäuregehalt der Hirse wird durch das Schälen vermindert. Kieselsäure ist beim Menschen am Aufbau von Knochen und Bindegewebe beteiligt. Kieselsäure ist für Haare, Nägel und eine gesunde Haut wichtig. Interessant ist deswegen die Verwendung von Vollhirse, die man heute Braunhirse nennt. Unvermahlene Braunhirse müsste man allerdings ziemlich lange weichkochen, weswegen Braunhirsemehl angeboten wird.

Niedriger Glykämischer Index

Hirse ist besonders quellfähig und füllt den Magen schnell, macht also richtig satt. Die Sättigung durch Braunhirse hält aufgrund hoher Anteile von Ballaststoffen lange an, die Verdauung erfolgt langsam und gleichmäßig. Man spricht von einem niedrigen glykämischen Index (GLYX), einem Maß für den Blutzuckeranstieg. Ein gutes Sättigungsgefühl führt zu verminderter Kalorienzufuhr und geringeren Blutzuckerschwankungen. Hirse enthält Saponine, die diese Effekte noch verstärken. Ein niedriger glykämischer Index ist sehr positiv einzuschätzen, wenn es um die Vermeidung von Übergewicht, Adipositas oder Diabetes geht.

Braunhirse vielfältig verwenden

Hirsemehl kann allen Backwaren zugegeben werden. Auch können Braunhirsekörner wie Popcorn und Puffreis durch Hitze und Druckeinwirkung leicht gepufft werden. Allerdings werden dabei Vitamine und essentielle Aminosäuren zerstört. Unerhitze gemahlene Braunhirse hat demgegenüber diätetische Vorteile und kann zur Anreicherung und Nahrungsergänzung vielen Speisen zugegeben werden. So kann man Braunhirsemehl im Müsli, Joghurt oder Suppe konsumieren. Höchste Vitamingehalte und eine sehr gute Verträglichkeit haben Keimlinge aus Braunhirse.



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