Pfefferersatz
von Stefanie GoldscheiderTeil 5: Scharfmacher im Mittelalter
Vor der Entdeckung des Seeweges nach Indien
und der Ansiedlung von Kolonien in Südostasien, war Pfeffer
in Europa unerschwinglich teuer. Hinzu kam, daß die Herkunft und
die Stammpflanze nicht genau bekannt waren. Über die arabischen
Handelswege wurde nur das getrocknete Produkt, die Pfefferkörner, angeboten.
Zu römischer
Zeit schätzte man auch andere echte Pfefferpflanzen wie den Langpfeffer.
Für die richtige Würze der Speisen und zur Anregung von Körper
und Geist war Pfeffer aber so sehr gesucht, daß er nicht selten
betrügerisch verfälscht wurde. Auch ein beabsichtigter Ersatz
mit bekanntermaßen anderen scharf schmeckenden Gewürzen, wie dem Mönchspfeffer, war weit verbreitet. So
kam es, daß verschiedene aromatisch-scharfe Pflanzenarten aus dem europäisch-afrikanischen
Raum zum Einsatz kamen.
Mönchspfeffer oder Keuschlamm (Vitex agnus-castus)
Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) ist ein im Mittelmeerraum weit verbreiteter, auffälliger, bis 5 m hoher Strauch aus der Familie der Eisenkrautgewächse (Verbenaceae). Er hat hand- bzw. fingerförmig gefiederten Blätter und große, violette Blütenrispen, die kleine grauschwarze Samenkörner ausbilden. Mönchspfeffer wurde früher auch bei uns als Pfefferersatz genutzt und ist heute noch in Nordafrika gebräuchlich. Der Geschmack ist eher mild und leicht bitter. Die Samen enthalten Flavonoide, ätherische Öle, Bitterstoffe und Iridoide, die das Hormonsystem beeinflussen. Früher wurde Mönchspfeffer zur Dämpfung des Sexualtriebs bezihungsweise zum Erhalt der Keuschheit eingenommen. Man verwendet Zubereitungen aus Mönchspfeffer heute erfolgreich bei hormonellen Beschwerden der Frau, insbesondere im Klimakterium und beim prämenstruellen Syndrom.
Andere Pflanzen mit hormonartiger Wirkung:
Soja
Rotklee
Traubensilberkerze
Meleguetapfeffer, Guineapfeffer oder Paradieskörner (Aframomum melegueta)
Paradieskörner sind die aromatischen
scharfen Samen der Waldpflanze Aframomum aus den feuchtheißen Regionen
Westafrikas. Am Golf von Guinea in den heutigen Ländern Liberia,
Elfenbeinküste, Togo, Nigeria und Kamerun haben Paradieskörner
eine lange Tradition, auch als Heilmittel. Die Pflanze ist botanisch mit
Ingwer und Kardamom
verwandt, gehört also zur Familie der Zingiberaceae.
Der Meleguetapfeffer ist eine mehrjährige Staude und bildet dichte
Wurzelverdickungen - Rhizome - wie der Ingwer. An den ca. 1 bis 2 m hohen schilfähnlichen
Trieben entstehen große Rosa Blüten. Die kleinen Samen, die
früher auch bei uns als Ersatz oder zur Verfälschung von Pfeffer
verwendet wurden, schmecken aromatisch scharf. In West- und Nordafrika
sind die Samen noch heute ein wichtiges Gewürz und Hauptbestandteil
verschiedener Gewürzmischungen. Man verwendet sie außerdem
in Bier, Wein und anderen Alkoholika. Die Wirk- und Geschmacksstoffe sind
Ätherische Öle, die antimikrobiell und fungizid wirken und die
Verdauung anregen. Eine echte Entdeckung für den Speiseplan.
Verwandter der Paradieskörner: Ingwer,
Kardamom
Die Kurzporträts verschiedener verwandter und nicht verwandter Arten des Pfeffers im Einzelnen:
Afrikanischer Pfeffer, Anispfeffer, Bengalischer Pfeffer, Betelpfeffer, Brasilianischer Pfeffer, Cayennepfeffer, Grüner Pfeffer, Guineapfeffer, Jamaikapfeffer, Kubebenpfeffer, Langpfeffer, Meleguetapfeffer, Mönchspfeffer, Mohrenpfeffer, Nelkenpfeffer, Paradieskörner, Piment, Rauschpfeffer, Rosa Pfeffer, Roter Pfeffer, Sichuan- oder Szechuanpfeffer, Schwarzer Pfeffer, Tasmanischer Pfeffer, Wasserpfeffer, Weißer Pfeffer, Zitronenpfeffer
Buchtipps:
Das große Buch der Gewürze
Das große Buch der hundert Gewürze und Kräuter
Gewürzdrogen