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Aronia – die Apfelbeere

Apfel und Beere in einem!

von Stefanie Goldscheider

Die Apfelbeere (Aronia melanocarpa) ist eine in Deutschland noch weitgehend unbekannte Frucht. Sie ist in Nordamerika heimisch und diente den Indianern als Wintervorrat. Vielleicht weil die Apfelbeere als Heilpflanze an Bedeutung gewinnt, ist nun ihr wissenschaftlicher Name Aronia gebräuchlich. Aronia trägt ihren deutschen Namen dennoch zu Recht. Die Früchte sehen wie Heidelbeeren aus, sind wie diese klein, außen schwarzblau gefärbt und innen rot und saftig. Schaut man genauer hin, erkennt man die Ähnlichkeit der Aroniabeere zu einem Miniapfel, mit Kernhaus und Fruchtstiel (Bild unten). Vor allem aber die Blüte der Sträucher im Mai zeigt die Verwandtschaft mit den Rosengewächsen (Rosaceae) und somit auch mit Apfel, Birne & Co (Blüten-Nahaufnahme, Bild weiter unten).



Ein paar Apfelbeeren am Tag...

Was den Gesundheitswert von Aronia angeht, kann sie sich auf jeden Fall mit Äpfeln messen, denn die bekannte Wirkung: „ein Apfel am Tag ersetzt den Arzt…“ ist auch für die kleinen Beeren von Aronia zutreffend. Eine einzelne Beere von ungefähr einem Gramm ist vielleicht etwas zu wenig für die vielen Effekte zur Vorbeugung und Heilung von Krankheiten, zur Erhaltung der Fitness und zur Steigerung des Wohlbefindens. Eine handvoll Beeren reicht aber allemal, angesichts der konzentrierten Vitalstoffe, die in Aronia stecken.


Aronia - eine traditionelle Heilpflanze
Die Inhaltsstoffe von Aronia
Aronia-Anthocyane - Antioxidantien für die Gesundheit
Lebensmittel aus Aronia
Aronia im Garten




Aronia hat Tradition

Die ersten Berichte zum hohen Gesundheitswert von Aronia stammen aus der ehemaligen Sowjetunion. In Russland gilt Aronia seit langem als Heilpflanze und wurde entsprechend im großen Stil angebaut. Ausgedehnte Anbaugebiete gibt es auch in Polen, der Ukraine und in Ostdeutschland. Verschiedene Studien konnten schützende Effekte für Leber und Magen nachweisen, ebenso entzündungshemmende Eigenschaften. Aronia ist in Versuchen gegen Bakterien und Viren wirksam und zeigt anti-mutagene Aktivität. Der dunkelrote Aroniasaft neutralisiert bestimmte Giftstoffe und schützt damit die Leber. Er scheint sogar immunstimulierend zu wirken und das Zellwachstum bestimmter Krebsarten zu hemmen. Bei der Vorbeugung und Behandlung von Diabetes mellitus gleicht Aronia den Blutzuckerspeigel aus. Aronia hat positive Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem und mindert die Ablagerung in den Gefäßen, indem es in viele Enzymreaktionen eingreift. Die Inhaltsstoffe von Aronia und ihre Wirkungen sind deswegen von großem medizinischem und ernährungswissenschaftlichem Interesse.


Was steckt drin in Aronia?

Nährstoffe und mehr

Beeren und Wildobstarten sind sehr gesund. Sie versorgen uns mit Vitaminen, Mineralstoffen und Fruchtsäuren in ausgewogener Form. Manche Arten, wie die Aronia, enthalten den darmpflegenden Ballaststoff Pektin. Der natürliche Zucker in Wildbeeren ist gesunder Frucht- und Traubenzucker; in Aronia und einigen verwandten Wildobstarten kommt die Süße vom Sorbit, einem für Diabetiker geeigneten Austauschzucker. Sorbit ist auch für die Zahngesundheit beziehungsweise zur Vermeidung von Karies eine bessere Wahl als Haushaltszucker.

Gesund und heilkräftig

Das Wissen um die Heilkräfte der Wildbeeren ist in unserer Volksmedizin tief verwurzelt und hat eine lange Tradition. Warum insbesondere die bunten Beeren - als Hausmittel eingesetzt - so außergewöhnliche Effekte erzielen, Infektionskrankheiten abwehren, Magen und Darm sanieren, Wunden heilen lassen, den Blutdruck regulieren und die Sehkraft stärken, konnte früher allerdings nicht genauer erklärt werden.

Seit ungefähr 20 Jahren werden die Eigenschaften der Farbstoffe aus Beeren wissenschaftlich untersucht. Die medizinische und ernährungsphysiologische Forschung ergibt inzwischen ein immer umfassenderes Bild über das herausragende gesundheitliche Potenzial dieser pflanzlichen Substanzen: der Flavonoide und Anthocyane. Aronia enthält rund 10 mal soviel wie rote Weintrauben oder Rotwein und 20 mal soviel wie Himbeeren oder Erdbeeren. Nur die in Deutschland ebenfalls neuartige oder nahezu unbekannte Haskap-Beere enthät noch mehr Anthocyane. Anders als bei Wein ist bei Aronia der natürliche Zucker- beziehungsweise Kaloriengehalt gering und kein Alkohol enthalten. Aronia kann also mehrfach täglich in kleinen Portionen als vorbeugendes Mittel für die Gesundheit eingenommen werden.


Pflanzliche Farbstoffe - bunt und gesund

Die natürlichen Farbstoffe in Beeren gehören zur großen Gruppe der Polyphenole oder Tannine, die man auch als Gerbstoffe bezeichnet. Blaue und rote Früchte haben ihre Farbe von Anthocyanen. Der gute Ruf des Rotweins als vorbeugendes Mittel gegen Herzinfarkt und Schlaganfall beruht auf der Wirkung von Anthocyanen, die aus der blauen Beerenhaut in den Wein übergehen und ihn rot bis violett einfärben.

Anthocyane sind bioaktiv und beeinflussen viele Prozesse im Körper. Eine gewisse Berühmtheit haben Anthocyane inzwischen erlangt: sie sind sehr potente Radikalfänger - so genannte Antioxidantien.

Antioxidantien schützen uns

Der bekannteste Einsatz von Antioxidantien ist das Antiaging. Antioxidantien wirken unter anderem der Hautalterung entgegen. Sie bekämpfen kontinuierlich die Zellalterung aller unserer Organe. Damit tragen sie auch zu glatterer Haut und jüngerem Aussehen bei. Von besonderem medizinischem Interesse ist aber die Schutzwirkung der Anthocyane für Herz und Blutgefäße. Ein hoher Cholesterinspiegel, Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und hoher Blutdruck sind Symptome, die zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzinsuffizienz führen können. Die an Herz-Kreislauferkrankungen beteiligten Faktoren werden durch Aronia-Anthocyane nachweislich positiv beeinflusst. Aronia-Anthocyane schützen zudem vor weiteren Erkrankungen, wie in medizinischen Studien gezeigt werden konnte.

Oxidativer Streß

Neben Arteriosklerose werden auch andere weit verbreitete degenerative Alterserkrankungen wie Diabetes II, Alzheimer-Demenz, Rheuma und Arthrose durch minimale aber ständige Zerstörungen im Körper mit verursacht. Man nennt diese ständigen Angriffe im Organismus auch oxidativen Stress durch freie Radikale. Freie Radikale sind einerseits Schadstoffe und Umweltgifte, andererseits aber auch ganz normale körpereigene Stoffwechselprodukte. Oxidativer Stress ist es auch, der zu Mutationen führen und damit Krebs auslösen kann. Die Wirk- und Schutzmechanismen sind sehr komplex. Freie Radikale, die so viele Probleme auslösen können, entstehen tagtäglich auf ganz natürliche Weise etwa durch Muskelarbeit und Sport. Sie werden ebenso natürlich wieder neutralisiert.

Absorption von freien Radikalen - ORAC-Werte

Zur schnellen Neutralisation freier Radikale ist es wichtig, dass der Mensch immer gut mit Antioxidantien aller Art versorgt ist. So können die aggressiven Teilchen gar nicht erst schädlich werden. Anthocyane spielen bei der Absorption und dem Unschädlich machen eine sehr wichtige Rolle, haben also ein besonders hohes antioxidatives Potenzial.
Ebenso wichtig sind Vitamin C und E, Beta-Karotin und Ballaststoffe. Obst, Gemüse und Pflanzenöle sind die besten Quellen dafür und sollten regelmäßig auf dem Speiseplan stehen.

Insgesamt spricht man beim antioxidativen Potenzial heute auch von den ORAC-Werten der Lebensmittel. ORAC steht für die englische Abkürzung "Oxygen Radical Absorbance Capacity". ORAC-Werte können im Labor bestimmt werden. Höchste ORAC-Werte haben Kakaobohnen, gefolgt von Aroniabeeren.

Mehr zu Aronia als Nahrungsergänzungsmittel



Aronia vielfältig genießen

Aronia ist eine besonders gesunde Frucht, weil ihr Anthocyangehalt unvergleichlich hoch ist (Vergleiche hierzu: Tabelle Anthocyangehalte). Allerdings ist der herbe Geschmack in unverarbeiteter Form nicht jedermanns Sache. Gefällig hingegen ist das leichte Bittermandelaroma, das man auch von eingemachten Steinfrüchten, Apfelkernen und von Marzipan kennt. Es kommt vom Amygdalin, das beim Zerbeißen der Kerne Blausäure freisetzt. Verarbeitete Früchte enthalten keine Blausäure mehr, da diese durch Zerkleinerung oder Hitzeeinwirkung verfliegt. Und so gibt es eine ganze Palette von gesunden Lebensmitteln aus Aronia.

Getrocknete Aroniabeeren passen ins Müsli. Aronia-Konfitüre schmeckt aufs Brot oder wie Preiselbeer-Kompott zu Wildgerichten. Aroniasaft und -nektar munden in verschiedenen Mixgetränken. Ob hoch konzentrierte getrocknete Beeren und schonend verarbeiteter Saft, süffige Durstlöscher oder Feinschmecker-Lebensmittel wie Aronia-Gelee, -Wein und -Likör, sie alle stecken voller wertvoller Aronia-Anthocyane. Die Beimengung von Aroniasaft oder Konfitüre zu anderen Fruchtsäften, Limonade oder Bowle, zu Joghurt, Eiscreme, Quark- und Sahnedesserts erzeugt stets eine intensive violette Farbe und ist somit auch etwas fürs Auge.



Aronia im Garten

Naturnahe Hecken

Herbstfärbung von Aronia

Die schirmchenförmigen blauschwarzen Fruchtdolden mit den gesunden Apfelbeeren sind nur ein Grund Aronia im Garten anzubauen. Aronia ist auch ein Ziergehölz und wunderbar geeignet für naturnahe Vogelhecken. Im Mai zeigt Aronia ihre weiß bis rosafarbenen Blüten als Vorgeschmack für die spektakuläre orangerote Laubfärbung im Herbst (Bild rechts). Aronien müssen kaum geschnitten werden. Die 1 bis 2 m hoch werdenden Sträucher gedeihen anspruchslos in Sonne oder Halbschatten, an Hängen oder Flussläufen auf praktisch jedem Boden.


Sichere Ernten

Aronia prunifolia

Aronia ist extrem frosthart und durch die späte Blüte im Mai auch bei Spätfrostgefahr noch sehr ertragssicher. Dadurch ist jedes Jahr ein hoher Fruchtansatz möglich, die Alternanz, wie sie bei anderen Obstgehölzen auftritt, bleibt aus. Aronien tragen bereits im zweiten Standjahr.

Die Reife von Aronia melanocarpa und ihren Sorten erfolgt gleichmäßig im August oder September, Aronia arbutifolia so dass die Beeren alle auf einmal verarbeitet werden können. Möchte man Apfelbeeren über einen längeren Zeitraum bis in den Herbst hinein ernten, so kann man verschiedene Sorten beziehungsweise Arten mit unterschiedlicher Reifezeit pflanzen. So sind auch die spät reifenden roten Früchte von Aronia arbutifolia (Bild links) essbar und obendrein süß, genauso wie die schwarz-roten von Aronia prunifolia (Bild rechts).


Aronia-Sorten für den Garten

Die Wildform der Aronia (Aronia melanocarpa) ist für den Frischverzehr wegen des Bittermandelaromas weniger geeignet. Ganz anders die Gartensorten mit süßeren Beeren.
Der Gartenfachhandel und spezialisierte Baumschulen führen inzwischen ein Sortiment verschiedener Wildformen und Sorten mit größeren Beeren und verbessertem Geschmack. Solche Aroniasorten sind Aron, Nero, Hugin und Viking.

 


Stefanie Goldscheider



Quellen:
Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 4. Auflage 2005
RÖMPP Lexikon der Lebensmittelchemie, Thieme Verlag Stuttgart, New York, 2. Auflage 2006
Kulling, S.E.; Rawel, H.M.: Chokeberry (Aronia melanocarpa) - A Review on the Characteristic Components and Potential Health Effects. Planta Med 2008; 74:1625-1634


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