Kohlgemüse - Grünkohl und Brokkoli
Weltgemüse für Weltbürger
Kohl ist das Gemüse, das von Menschen als erstes angebaut wurde. Es ist vitaminreich und sehr aromatisch. Auch heute gehört Kohl zu den weltweit beliebtesten und zudem vielfältigsten Gemüsen, nicht zuletzt wegen seines alt bekannten und neu entdeckten Gesundheitswertes. Das weniger hohe Ansehen, das Kohl in westlichen Industriestaaten heute hat, ist jedenfalls komplett unverdient und hängt eher mit langweiligen Rezepten zusammen, als mit minderwertigem Gemüse. Insbesondere in Asien ist Kohl aus Garküchen nicht wegzudenken - egal ob Chinakohl und Pak Choi, Brokkoli, Sauerkraut (Kimchi) oder Varianten unseres Grünkohls.
Die Kohlfamilie
Die Familie der Kohlgewächse nennt man auch Kreuzblütler oder Brassicaceae beziehungsweise Cruciferae. Alle Kreuzblütler haben sehr ähnliche, meist gelbe oder weiße kleine vierteilige Blüten (Bild links). Ihre kleinen runden Samen entstehen in ebenfalls sehr ähnlich aussehenden Schötchen (Umschalt-Bild links). Kreuzblütler gedeihen in allen Ländern der Welt wo Pflanzen überhaupt wachsen. Die Liste der Kreuzblütler und der davon geernteten Gemüsearten ist lang, schier unendlich, denn zusätzlich werden wilde Arten und wenig gezüchtete Sorten gegessen. Beispiele sind der Rucola in Südeuropa oder Maca aus den Anden. Bei uns wachsen Brunnenkresse und Meerettich als wilde Verwandte aus der Kohlfamilie. Zu den Kreuzblütlern gehören außerdem Kresse und Kapuziner Kresse, Rettich und Radieschen.
Von der Rübe bis zu den Schötchen
Faszinierend für jeden Gemüsefan und jeden Gärtner ist aber auch die Vielfalt der Pflanzenteile von Kohl, die gegessen werden. Man isst ihn quasi von Kopf bis Fuß: Kopfkohle wie Rotkohl und Weißkohl sind wie Salatköpfe aus einzelnen Blättern zusammengesetzt, genauso der Chinakohl. Einzeln geerntete dunkelgrüne Blätter isst man beim Grünkohl, grüne Blütenknospen mit ihren Blütenstielen beim Brokkoli, weiße Blütenknospen beim Blumenkohl. Rosenkohl sind Blattknospen, Senf besteht aus Samen, Kohlrabi sind verdickte Stiele. Teltower Rübchen, Mairüben und Steckrüben sind verdickte Wurzeln, die man als Kohlrüben bezeichnet. Aus Kohlarten gewinnt man Öl und zwar aus den Samen in Form des Rapsöls und auch des Senföls. Übrigens schmecken auch die unreifen grünen Schötchen (Umschalt-Bild oben) der Kohlarten sehr gut roh als Snack. Die kulinarischen Teile des jeweiligen Kohlgemüses wurden jeweils durch jahrhundertelange Auslese groß, fleischig, manchmal heller und meistens milder gezüchtet.
Hausmannskost und modernes Superfood
Bemerkenswert und eine Freude für Köche ist die Farbpalette der Kohlköpfe - weiß wie Blumenkohl, rot bis blau wie Rotkohl und gelb wie die Navet, eine französische Kohlrüben-Spezialität. Dazu kommen alle Stufen von Grün. Viel Auswahl in der Küche. Kohl eignet sich für traditionelle Rezepte und deftige Hausmannskost aber auch für ganz moderne Zubereitungen wie Grünkohl-Chips, Rosenkohl-Keimlinge, Kohl-Pulver für grüne Smoothies oder die zarten und sehr geschmackvollen Asia-Salate (Bild links). Das Wichtigste jedoch ist, Kohl ist so vielfältig, dass wirklich für jeden Geschmack etwas dabei ist - denn: ein jedes Häschen weiß es wohl - am Besten schmeckt der Kohl.
Vitamin C und Scharfstoffe
Im Land des Sauerkrauts kennt jeder den Nutzen des milchsauer vergorenen und dadurch natürlich konservierten Weißkohls: eine sehr hohe Dosis Vitamin C im Winter und Ballaststoffe für einen gesunden Darm. Doch der meiste verzehrte Kohl kommt frisch vom Feld! Vitamin C enthalten auch alle frischen Kohlarten in sehr hoher Konzentration, daneben aber auch sehr viel Vitamin A und Eisen sowie Folsäure und Vitamin K. Daneben ist Kohlgemüse eiweißreich und ein guter Lieferant von Kalzium und Kalium.
Doch der größte Nutzen für die Gesundheit kommt von anderen Kohl-Inhaltsstoffen, und zwar ihren Aroma- und Scharfstoffen. Es sind diese Scharfstoffe - in Rosenkohl und Grünkohl aber auch in den anderen Kreuzblütlern wie Rettich oder Kresse, die eine nachgewiesene starke Anti-Krebswirkung entfalten. Man nennt diese scharfen Aromastoffe auch Senföl-Glucoside oder Isothiocyanate. Es gibt viele verschiedene Senföl-Glucoside mit vielfältigen Wirkungen.
Glucosinolate - Senföl-Glykoside - Isothiocyanate
Glucosinolate sind sekundäre Pflanzensubstanzen und kommen in Kreuzblütlern, also in der Familie der Brassicaceae vor: in Kohl, Raps, Senf, Rettich, Kresse und vielen anderen. Man kennt über 100 verschiedene Glucosinolate. Sie enthalten Schwefel. Die Pflanze stellt diese Substanzen zum eigenen Schutz vor Krankheiten und Schädlingen her. Glucosinolate sind wirksam gegen Bakterien und Pilze aber auch gegen Insektenfraß und andere Fraßfeinde wie beispielsweise Feldhasen! Beim Anbeißen entstehen aus Glucosinolaten die teilweise brennend scharf, teilweise bitter schmeckenden Senföle beziehungsweise Isothiocyanate. Diese sind beim Zerkleinern, Kauen oder Kochen und nach Frost leicht flüchtig, wodurch der starke Geruch entsteht. Dabei verschwinden die Senföle aus dem Produkt. Einge Senföle gelten inzwischen wegen ihrer antimikrobiellen Wirkung als hilfreich gegen Erkältungskrankheiten. Noch spektakulärer ist allerdings die ebenfalls nachgewiesene Wirksamkeit gegen Krebszellen.
Als besonders wirksam gilt das Isothiocyanat Sulforaphan in Brokkoli, Rettich, Rot- und Weißkohl sowie Wirsing und Rosenkohl. Sulforaphan entsteht wie die anderen Isothiocyanate beim Kauen, verflüchtigt sich aber durch das Kochen. Es scheint Krebszellen direkt zu bekämpfen. Diese Erkenntnisse hat man inzwischen auch über andere Glucosinolate, weswegen es sinnvoll ist, Kohlgemüse nicht zu lange zu kochen. Besser, wo möglich, ist dämpfen. Wichtig ist aber, Kohl gut zu kauen.
Allerdings ist ein bestimmtes Senföl-Glucosid bedenklich für die Gesundheit: Das Goitrin. Es ist in Rapssamen so stark konzentriert, dass Rapsöl früher als Speiseöl ungeeignet [1] war. Auch Weißkohl, Wirsing, Blumen- oder Rosenkohl enthalten Goitrin [2] und könnten bei übermäßigem Verzehr als Rohkost der Gesundheit schaden. Durch die Milchsäuregärung beim Sauerkraut, nach Frosteinwirkung auf dem Feld und nach dem Kochen ist das Goitrin verschwunden. Traditionelle Zubereitungsweisen und das Kochen haben also ihre Berechtigung! Und - die Dosis macht das Gift!
Schwefelhaltige Substanzen vom Typ der gesunden Isothiocyanate findet man auch in Zwiebeln und Knoblauch. Insgesamt sind über 50 Senfölglucoside bekannt.
Brokkoli
Das Gourmet-Gemüse unter den Kohlarten mit der besten Reputation unter Feinschmeckern ist der Brokkoli. Die tiefgrünen, zarten, Brokkoliröschen passen auch zu Speisen der Spitzengastronomie, etwa zu Filetsteak, Steinpilzen oder Morcheln. Brokkoli muss nur kurz gedämpft werden und behält auf diese Weise nicht nur seine appetitlich grüne Farbe sondern auch seine Inhaltsstoffe - allen voran das Vitamin C und die Brokkoli-Isothiocyanate. In diesem Fall das Sulforaphan, dem man bislang die stärkste Anti-Krebswirkung nachgewiesen hat. Brokkoli ist ein Gemüse, das zeitig in der Saison auf den Markt kommt - etwa ab Juni - aus heimischem Anbau versteht sich. Anders als die Winterkohlarten wie Weißkohl oder Kohlrüben lässt sich Brokkoli aber nicht lagern und anders als Rosenkohl oder Grünkohl auch nicht überwintern. Die wertvollen Blütenknospen des Brokkoli verwelken und vergilben schnell, oder sie blühen während der Lagerung auf. Brokkoli sollte man also stets als ganz frisches Marktgemüse verwenden. Quasi zur Verlängerung der Saison gibt es jetzt auch Rohkost-Pulver aus Brokkoli. Man kann ohne Kochen Brokkolicremesuppe oder grüne Smoothies daraus machen. Für Brotaufstriche, Salate oder für unterwegs gibt es angekeimte und dann schonend getrocknete Brokkolisamen (Bild rechts). Diese sind angenehm scharf und sehr würzig.
Grünkohl
Der Grünkohl ist das Gegenstück zum Brokkoli. Er ist ein typisches Wintergemüse, braucht zum Gedeihen kühles Wetter und kann während des ganzen Winters geerntet werden. Der gute Geschmack bildet sich erst durch Frost, der das Blattgemüse zarter macht. Bekannt ist Grünkohl eher als rustikaler Genuss, wie beim typisch norddeutschen Grünkohl mit Pinkel. Für dieses Gericht müssen die Grünkohl-Blätter klein gehackt und 15 bis 30 Minuten gekocht werden.
Doch Grünkohl hat auch südländische Verwandte, die ganz anders zubereitet werden. Der Palmkohl gedeiht auch bei Hitze und braucht keinen Frost um schmackhaft zu werden. Palmkohl und andere Grünkohl-Sorten wachsen auch am Mittelmeer und in den Tropen. Man kann die grünen Blätter auch mediterran oder südländisch zubereiten.
In Afrika und Asien werden stark gewürzte Gerichte aus Grünkohl gekocht. Grünkohl verträgt kurzes scharfes Anbraten und harmoniert wunderbar mit Chili, Ingwer, Knoblauch und Erdnüssen und ist dann eine leckere und eiweißreiche vegane Speise. Besonders gut ist auch eine Variante mit Koriander und Kreuzkümmel, die dem Grünkohl einen indischen Geschmack verleiht. Bequemer und auch außerhalb der Wintersaison lässt sich Grünkohl in Form von Chips als Snack verspeisen. Grünkohl-Chips (Kale-Chips) sind in Olivenöl gebackene Grünkohlblätter. Noch gesünder und noch einfacher ist die Herstellung von grünen Smoothies aus Rohkost-Grünkohl Pulver. Grünkohl und die anderen grünen Blattkohle haben einen überragenden Gehalt an Isothiocyanaten und an Vitamin C.
[1] Rapsöl in seiner ursprünglichen Form enthält die bitter schmeckende Erucasäure und das Glucosinolat Goitrin. Die Substanzen sind im hohen Maße unverträglich beziehungsweise gesundheitsschädlich auch für Tiere. Rapsöl taugte ursprünglich nur als Lampenöl. Später konnte Rapsöl entbittert werden und zur Margarineherstellung verwendet werden. Inzwischen gibt es Sorten, den Doppel-Null-Raps ohne Erucasäure und ohne Glucosinolate, die nur noch sehr wenig Goitrin enthalten. Der Vorteil ist die Verfügbarkeit des ernährungsphysiologisch wertvollen Rapsöls. Der Nachteil: Wildtiere fressen bei großflächigem Anbau eventuell zu viel davon und Nutztiere bekommen zu viele Pressrückstände der Rapsölgewinnung ins Futter gemischt.
[2] Goitrin ein Glucosinolat aus Raps und anderen Kreuzblütlern ist für die Schilddrüse, die Nieren und die Leber giftig. Es verdrängt Jod und kann Jodmangel verstärken. Die Folgen könnten Kropfbildung und Schilddrüsenüberfunktion sein. Eine Vergrößerung oder Schäden and der Leber und der Niere treten bei Tieren auf.
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