Edle Speisepilze:
Herbsttrompete,
Mandelpilz
und: Spitzmorchel

Steinpilze

von Stefanie Goldscheider

Der Steinpilz oder Herrenpilz

Der Steinpilz wird von Menschen seit der Steinzeit gesammelt. Kennt man sein köstliches Aroma und seinen unverwechselbaren Duft, das bissfeste Mundgefühl beim Verzehr und seine gute Bekömmlichkeit, dann weiß man, warum dieser EdSteinpilzeselpilz sehr hoch geschätzt wird. Seinen deutschen Namen Steinpilz trägt er aber nicht wegen der steinalten Verwendung sondern wegen der bemerkenswerten Festigkeit und dem auffällig hohen Gewicht der Fruchtkörper. Junge Exemplare frischer Steinpilze (Bild unten) fühlen sich steinhart an. Auch sind Steinpilze, ganz anders als die meisten anderen Hutpilze, wenig druckempfindlich. Zubereitet haben Steinpilze dennoch einen zarten Biss. Sie zählen weltweit zu den wichtigsten Marktpilzen. Ausgewachsene Steinpilze sind allerdings schwammig und sollten nicht mehr geerntet sondern geschont werden. Sie sehen sehr stattlich aus und können einen Hutdurchmesser von 25 bis 30 cm haben. Der Steinpilz (Boletus edulis), der auch Fichtensteinpilz oder Herrenpilz genannt wird, gehört zu den Röhrlingen [1]. Steinpilze wachsen mit Waldbäumen in Symbiose und können nicht gezüchtet werden.

Junger FichtensteinpilzBeliebt sind Steinpilze seit eh und je wegen ihres hervorragenden Geschmacks. Sie können sogar roh verzehrt werden, müssen nur kurz gebraten oder gekocht werden und eignen sich bestens zum Trocknen und damit als Wintervorrat. Arme Bauern im Mittelalter deckten ihren Eiweißbedarf über diesen und andere Pilze zu Zeiten, in denen die Großgrundbesitzer das Wild und die Jagd für sich alleine beanspruchten. Andererseits war der Herrenpilz eine Delikatesse, die dem Adel oder der hohen Geistlichkeit vom Finder abzuliefern war.

Bis heute wissen Pilzliebhaber Plätze zu schätzen und geheim zu halten, an denen Steinpilze wachsen. Interessant für den Pilzfreund ist dabei jedes Mal auf's Neue, wo und in welcher Gesellschaft, zu welcher Jahreszeit, auf welchem Boden und unter welchen Bäumen ein gesuchter Speisepilz wie der Steinpilz wächst.

Botanik der Steinpilze

Die Röhrlinge

Steinpilze sind Röhrlinge beziehungsweise Röhrenpilze. Ihre Sporen werden nicht in Lamellen oder Poren, sondern in dicht an dicht stehenden Röhren gebildet. Fruchtschicht eines SteinpilzesBesonders bei älteren Steinpilzen mit gelben Röhren sieht die Fruchtschicht wie ein Schwamm aus (Bild rechts). Es gibt ungefähr 50 bis 60 Arten von Röhrlingen in Deutschland (Bild unten Maronenröhrling). Die wichtigste Gattung ist Boletus - die Dickröhrlinge. Zu dieser Gattung gehören die hervorragenden Steinpilze. Steinpilze und andere Arten der Gattung Boletus zeichnen sich durch vom Hutfleisch ablösende Röhren, eine lederartige Huthaut und einen dickbauchigen Stiel aus. Neben dem gemeinen Fichtensteinpilz Boletus edulis (Bilder oben), dem Kiefern-Steinpilz, dem Sommer-Steinpilz an Eichen und Buchen und dem Schwarzen Steinpilz, der ebenfalls in Eichenwäldern heimisch ist, wachsen allein in Deutschland weitere 20 bis 25 Boletus-Arten. Einige sind Speisepilze wie der Schusterpilz, andere sind unverträgliche bis giftige Pilze, die schwere Magen-Darmbeschwerden verursachen, wie der Satansröhrling.

Bestimmung und Verwechslung

Maronenröhrling

Der dem Steinpilz in manchen Fällen stark ähnelnde gute Speisepilz Maronenröhrling (Bild rechts) gehört wie der extrem leicht mit dem Steinpilz verwechselbare bitter schmeckende Gallenröhrling nicht zu den Dickröhrlingen. Der Gallenröhrling hat im Alter leicht rosafarbene Röhren im Vergleich zu den gelb bis grünlichen Röhren älterer Steinpilze. Das sicherste Erkennungsmerkmal bei jungen Exemplaren, die beide fast weiße Röhren haben, ist jedoch der gallebittere Geschmack des Gallenröhrlings. Marone und Gallenröhrling gehören zu den Filzröhrlingen mit trockener bis feinfilziger Huthaut (Bild rechts) und normalem Stiel. Die feinfilzig trockene im Vergleich zur ledrigen Huthaut der Steinpilze sieht man gut auf dem Bild unten (Hintergrund Rotfußröhrling, Vordergrund Steinpilz). Bei der Bestimmung und zur Vermeidung von Verwechslungen hilft das hervorragende Buch: Grundkurs Pilzbestimung.


Vorkommen - Standorte und Jahreszeit

Symbiosepilz: Trueffel

Steinpilze wachsen in sehr unterschiedlichen Waldtypen vom lichtarmen reinen Fichtenforst bis zum lockeren naturnahen und lichtdurchfluteten Mischwald. Sie kommen auf Sandböden, Lehm, mageren, felsigen und versauerten Böden in Mittelgebirgen sowie in großer Höhe in den Alpen vor. Parkanlagen und Gärten aber auch vernässte oder sehr trockene Plätze sowie das Tiefland sind allerdings keine typischen Standorte für den Steinpilz. Am häufigsten findet man Steinpilze in Buchen-Mischwäldern und in Fichtenwäldern. Steinpilze wachsen nur in Symbiose mit ihren Baumpartnern. Mit Sicherheit gehört die Fichte zu ihren Mykorrhiza-Partnern. Man findet den Fichtensteinpilz aber auch sehr häufig unter Buchen, Eichen und Kiefern. Steinpilze sind ökologisch wichtig für den Wald und das Wachstum der Bäume. Glücklicher Weise sind sie in Deutschland, vor allem aber in Osteuropa sehr häufig. Steinpilze lieben aber auch die Gesellschaft anderer Pilze, darunter auch von Giftpilzen wie Fliegenpilz oder Knollenblätterpilz und von vielfältigen Pflanzen im Wald wie Heidekraut, Moosen und Farnen. Die beste Jahreszeit, um Steinpilze zu finden, ist der Herbst. Die meisten Exemplare findet man im September und Oktober. Sommersteinpilze gibt es schon im Juli und August.


Inhaltsstoffe und Gesundheitswert

Neben dem herausragenden Geschmack von Steinpilzen, die sich für viele Arten von Pilzgerichten und Zubereitungsarten eignen, ist schon allein der Duft etwas ganz besonderes. Was die Nase von Steinpilzen wahrnehmen kann ist pheromonartig, wirkt also wie Sexuallockstoffe und setzt sich aus ca. 70 Einzelkomponenten zusammen. Der Steinpilz-Geschmack beruht auf 120 Komponenten, die auch in getrockneten Steinpilzen hoch konzentriert und voll ausgebildet zur Geltung kommen. Diese komplexen Inhaltsstoffe machen den Steinpilz zu einem unverkennbaren Gewürz und einem sehr anregenden Genuss! Vitalisierende und immunstimulierende Wirkungen und Effekte für die Gesundheit gibt es beim Steinpilz ähnlich wie bei anerkannten Heilpilzen.


Aphrodisisch stimulierend

SteinpilzFrische Steinpilze enthalten 4 % hochwertiges Eiweiß mit allen essentiellen Aminosäuren, ganz ähnlich wie Fleisch. Sie sind sehr gute Lieferanten von Vitamin D und allen B-Vitaminen. Steinpilze tragen zur Versorgung mit Vitamin E und Vitamin K bei. Steinpilze sind reich an Mineralstoffen besonders an Kalium, Eisen, Kupfer, Mangan und Zink. Zink ist wichtig für den Hormonhaushalt und die Keimdrüsen und könnte zur bekannten aphrodisierenden Wirkung des Steinpilzes beitragen. Steinpilze sind eine wichtige Quelle für Selen, ein wichtiges Spurenelement, das in der Nahrung in Deutschland meist nur mangelhaft verfügbar ist. Insgesamt sind Steinpilze bekömmlich, gesund und anregend. Leider akkumulieren Röhrlinge und damit auch der Steinpilz besonders leicht Schwermetalle wie Cadmium, Blei und Quecksilber sowie radioaktives Cäsium. Der Sammelort sollte also wohl überlegt sein.

Steinpilze kulinarisch - Verwendung und Rezeptideen

Steinpilze sind ergiebig, hoch aromatisch und eiweißreich. Hut und Stiel eignen sich als Beilage und als Würze für herzhafte Speisen mit oder ohne Fleisch. Tatsächlich können Steinpilze was Geschmack und Nährwert angeht Fleisch vollkommen ersetzen. Ein Klassiker ist die Pilz-Rahmsauce zu Wildgerichten, Spätzle oder Knödeln. Suppen und Saucen kann man vollkommen gleichwertig oder besser aus getrockneten Steinpilzen machen. Getrocknete Steinpilze sind lange haltbar und sogar geeignet um Olivenöl zu aromatisieren. So entsteht Steinpilz-Öl.

Frische Steinpilze sind vollkommen ungiftig, auch ohne vorheriges Erhitzen. Der wohlschmeckende und nussige Herrenpilz kann also wie der Champignon und der Shiitake sogar roh gegessen werden - sogar mit Stiel. Vor allem aber kann man Steinpilze vielfältig zum Schmoren, Frittieren, Braten und Grillen verwenden. Kurzes Erwärmen oder Erhitzen beziehungsweise Anbraten reicht bei diesem gut verträglichen Pilz vollkommen aus, ähnlich wie bei einem Steak. Um das Weichwerden, insbesondere der Röhrenschicht, zu verhindern kann man besonders aus größeren Steinpilzen ein bis zwei Zentimeter dicke Scheiben schneiden und diese wie ein Schnitzel mit einer Ei-Panade in der Pfanne anbraten. Ganze Steinpilz-Hüte junger Exemplare werden zu edelsten Antipasti, wenn sie sehr kurz angebraten und mit etwas Balsamico-Essig, Pfeffer und Salz abgeschmeckt serviert werden. Die italienische Steinpilzvariante als Sauce zu Pasta wird ebenfalls mit jungen ganzen Steinpilzen oder mit großen Steinpilzstücken gemacht. Dazu werden sie in Olivenöl leicht angebraten und mit etwas Zitrone und Butter, wahlweise auch mit Sahne, Knoblauch und Petersilie verfeinert unter die Nudeln gemengt. Auch als Füllung in handgemachten Tortellini oder als Zutat bei der Herstellung von Bandnudeln werden Steinpilze verarbeitet; hier bieten sich Trockenpilze an. Ohnehin bewirkt das Einweichen von getrockneten Steinpilzen deren Aufquellen zu alter Größe, was alle Verwendungen in Pilzpfannen und Omelettes wie mit frischen Steinpilzen ermöglicht.

Autorin: Stefanie Goldscheider

 

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Neu erschienen:

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Von Stefanie Goldscheider

BLV-Verlag München, 2018, 112 Seiten, über 100 Farbfotos und Illustrationen, 15 Euro, ISBN 978-3-8354-1805-9.

Steinpilze können trotz großer Bemühungen nicht angebaut werden, anders als Trüffeln. Im Aroma vergleichbare Speiesepilze wie der Kräuterseitling oder der Pioppino werden seit einigen Jahrzehnten erfolgreich kultiviert, seit eingen Jahren ist das auch für Hobby-Anbauer möglich. Kulturen für Haus und Garten sind im Handel erhätlich.

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Weiterführende Berichte zu Pilzen:

- Mandelpilz
- Morcheln
- Totentrompete / Herbsttrompete
- Biologie und Ökologie der Pilze
- Pilze kultivieren
- Vitalpilze
- Agaricus blazei Murrill
- Chaga, der Schiefe Schillerporling
- Cordyceps, der chinesische Raupenpilz
- Hericium, der Igelstachelbart
- Maitake, der Klapperschwamm
- Reishi, der glänzende Lackporling
- Shiitake


Literatur zu Pilzen:

- Taschenlexikon der Pilze Deutschlands
- Die Großpilze Baden-Württembergs
- Grundkurs Pilzbestimmung
- Der neue Kosmos Pilzatlas
- Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms, Paul Stamets, 3rd ed. 2000, Ten Speed Press

- Mycelium Running: How Mushrooms Can Help Save the World: P. Stamets, 2005, Ten Speed Press
- Zeitschrift für Phytotherapie Hippokrates-Verlag 2007;28:115-124 und 223-229