Olivenöl
von Stefanie GoldscheiderDer mediterrane Kulturbaum - die Olive
Die Völker rund um das Mittelmeer
kennen zahlreiche Legenden über den Ursprung der Ölbaumkultur.
Hinweise
auf die Entdeckung des Olivenöls gibt es im alten Ägypten, bei den Griechen und
Römern. In Jericho wurde vor 8000 Jahren aus wilden Oliven bereits
ein Öl gepresst. Seit 3000 v. Chr. wurden Olivenbäume am Nil,
in Palästina und Syrien, in den Oasen Libyens, auf Kreta und den
griechischen Inseln angebaut. Olivenöl zählt damit neben Wein und
Weizen zu den ältesten Nahrungsmitteln der Menschheit. Seit der Zeit
der Eroberungen und der Ausweitung des Handels durch Griechen, Etrusker,
Karthager und Phönizier ist der Olivenbaum im ganzen Mittelmeerraum
mit einer großen Vielfalt an sehr unterschiedlichen Sorten verbreitet. Oliven prägen vielerorts das Landschaftsbild. Trotz vieler Exporte in die Neue Welt, nach Australien und Fernost ist
der Olivenbaum aber eine mediterrane Kulturpflanze
geblieben. 97 % aller Olivenbäume stehen heute in den Anrainerstaaten
des Mittelmeeres. Dort wird auch heute noch das meiste Olivenöl konsumiert.
Das geringere Risiko der Menschen aus Südeuropa an Herz- und Kreislauferkrankungen
sowie an Krebs zu erkranken gab Anlass zu medizinischen
Untersuchungen über den Gesundheitswert
des traditionellen Nahrungsmittels.
Ökonomische Bedeutung von Olivenöl
Unter den Speiseölen nimmt Olivenöl
mit seinen über 3 Millionen Tonnen (Mio t.) Weltproduktion nur den achten Rang
nach Palmöl (40 Mio t), Sojaöl (35 Mio t.), Rapsöl (16 Mio t), Sonnenblumenöl (10 Mio
t.), Baumwollsaatöl (6 Mio t.), Erdnussöl (5 Mio t.) und Palmkernöl (4 Mio
t.) ein [Quelle: FAO 2007]. Das liegt vor allem an den schwierigen Produktionsbedingungen
beim Olivenanbau und damit an den hohen Preisen für Olivenöl.
Entscheidend sind aber auch die kulturellen Unterschieden der Kochgewohnheiten.
In Asien und Schwarzafrika werden Gerichte gegessen, die mit anderen Ölen
zubereitet werden. Die Haupt-Olivenölproduzenten sind Spanien mit
über 1 Million Tonnen, Italien (600 000 t), Griechenland (400 000 t), Tunesien
(200 000 t), die Türkei (170 000 t) und Syrien (150 000 t) [Quelle: FAO 2007].
Standort und Botanik des Olivenbaums
Der
Olivenbaum (Olea europaea) ist ein besonders langlebiger, anspruchsloser Obstbaum. Er ersetzt
abgestorbene Teile immer wieder durch neue und erlangt dabei seinen typisch
knorrigen Wuchshabitus (Bild 1). Die silbrig glänzenden,
behaarten und ledrigen Blätter sowie das tiefreichende Wurzelsystem
ermöglichen der widerstandsfähigen Olive selbst bei sehr trockenen
Bedingungen zu gedeihen. Auf heißen, steinigen Terrassen, bei Niederschlagsmengen
weit unter unseren mitteleuropäischen und bei absoluter Trockenheit
im Sommer bringen diese bis 20 m hohen Bäume noch annehmbare Erträge.
An vielen Anbauorten werden sie allerdings auch großtechnisch bewässert
und gedüngt und erbringen so um ein Vielfaches höhere Erträge an Oliven und an Olivenöl.
Die Blütezeit erstreckt sich über zwei Monate im Frühjahr. Geerntet
werden die öl- und eiweißreichen Steinfrüchte (Bild 2)
ab November noch unreif und grün oder vollreif bis Februar.
Olivenernte und Ertrag
Je nach Wasserangebot werden 20 bis 300 vegetativ vermehrte Oliven-Setzlinge je Hektar gepflanzt. Ein Baum trägt abhängig vom Jahr und seiner Größe bis zu 300 kg Oliven. Die Erträge schwanken stark. Man nennt dies Alternanz. Im Durchschnitt der Jahre trägt ein Olivenbaum 20 bis 30 kg Oliven.
Die Oliven werden von Hand, mit Hilfe von Stangen oder mit Rüttelmaschinen geerntet. In den großen bewässerten Plantagen in der Ebene kommen meist nur Rüttelmaschinen zum Einsatz. Tafeloliven werden immer von Hand geerntet, um Verletzungen der Frucht und damit die rasche Bildung von freien Fettsäuren oder den Verderb zu verhindern. Für erstklassige Olivenöle wird aus demselben Grund die Handernte und eine schnelle Verarbeitung angestrebt. In den Steillagen Kretas werden zur Erntezeit unter die uralten großen Olivenbäume Netze ausgelegt um herunterfallende Oliven frisch einzusammeln (Bild rechts).
Der Ölgehalt der Olive schwankt je nach Sorte zwischen 15 und 35
%, die Größe der Frucht zwischen unter einem Gramm (griechische
Koronéiki) bis über 10 Gramm. Für die Ölgewinnung
werden vor allem kleine, schwarze oder braune Oliven verwendet. Zu Speisezwecken
werden je nach Geschmack auch die großen, grünen Oliven verarbeitet.
Die Olivenölpresse
Auch heute wird Olivenöl noch auf die gleiche Art gewonnen wie vor 5000 Jahren. Die gereinigten Oliven werden mitsamt den Kernen zu einem Brei zermahlen. Sehr oft geschieht das noch im Kollergang (Bild 5), also mit großen Mühlsteinen, die gewährleisten, dass sich das Pressgut nicht erhitzt. Danach wird der Brei mit Wasser vermischt und in dünnen Lagen auf Matten verteilt (Bild 6). Diese werden anschließend übereinander gestapelt und bei hohem Druck mechanisch oder hydraulisch gepresst (Bild 7). Das entstehende Öl-Wassergemisch wird dann in Zentrifugen getrennt, das so gewonnene Öl gefiltert und damit von Trübungen geklärt.
Bild 5 |
Bild 6 |
Bild 7 |
Qualitäten der Olivenöle
In der EU gibt es Güteklasseneinteilungen
für Olivenöl, nicht jedoch für alle anderen Speiseöle.
Kaltgepresstes Olivenöl mit der Bezeichnung "nativ" oder
"extra virgin" darf keine Zusätze anderer Öle oder
auf andere Weise gewonnenes Olivenöl (unter Hitze oder chemisch extrahiert)
enthalten. Entscheidend für den Geschmack ist der Säuregehalt
im Öl, der immer angegeben sein muss. Der Säuregehalt der besten
Öle mit der Bezeichnung: "natives Olivenöl extra" liegt
stets unter 1 %. Eine Qualitätsstufe niedriger ist "natives
Olivenöl" mit einen Säuregehalt bis 2 %. Die Bezeichnung
"reines Olivenöl" steht für ein Gemisch aus kaltgepresstem
und raffiniertemÖl [1] und ist in der
feinen Küche oder zur gesundheitsbewussten Ernährung nicht zu
empfehlen.
Gesundheitswert & Inhaltsstoffe von Olivenöl
Cholesterin und Fettsäuren
Studien haben gezeigt, dass die Blut-Cholesterinwerte
und das Auftreten von Koronaren Herzerkrankungen im Mittelmeerraum viel
niedriger sind als in anderen Ländern. Olivenöl wirkt als Cholesterin-Senker. Der Blutcholesterinspiegel aus
LDL-Cholesterin oder "schlechtem Cholesterin" welches das Risiko
der Herzerkrankungen erhöht und an HDL-Cholesterin oder "gutem"
Cholesterin, wird durch die Aufnahme der gesättigten (meist tierischen)
Fettsäuren und der ungesättigten Fettsäuren beeinflusst.
Wenn mehr ungesättigte Fettsäuren aus Pflanzenöl als gesättigte aufgenommen werden, wird der LDL-Gehalt deutlich verringert. Gesättigte Fettsäuren sind übrigens nicht nur in tierischen Produkten enthalten sondern vor allem
in Fertiglebensmitteln. Es handelt sich dabei um industriell gesättigte Fettsäuren und um so genannte Trans-Fettsäuren [2]. Diese sind besonders bedenklich, auch weil sie als versteckte Fette nicht vom Verbraucher wahrgenommen werden.
Die Mittelmeer-Diät
Als sehr gesund trotz hohem Konsum an Fett gelten die Bewohner des Mittelmeerraumes. Man spricht vom französischen Paradoxon (auch im Zusammenhang mit Weingenuss) oder von der Kreta-Diät, die ausgesprochen viel Olivenöl beinhaltet.
Der durchschnittliche pro Kopf Verbrauch an Olivenöl in Griechenland
beträgt über 20 l, in Italien und Spanien je 10 l pro Jahr.
Demgegenüber konsumiert der Bundesbürger lediglich einen halben
Liter Olivenöl, Tendenz steigend. Olivenöl enthält als
wichtigste einfach ungesättigte Fettsäure die Ölsäure
mit 60 bis
Internationale
Vergleichsstudien deuten auch darauf hin, dass die Art der Nahrungsfette
für das Auftreten bestimmter Krebsarten von entscheidender Bedeutung
ist. Der Pro-Kopf-Verbrauch von tierischem Fett steht im direkten Zusammenhang
mit der Sterblichkeit an Darm-, Prostata-, Brust- und Ovarialkrebs. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Olivenöl dagegen einen Schutzeffekt
übt.
Olivenöl: Vitamin E und Polyphenole
Weitere positive Wirkungen auf Zellmembranen hat das Vitamin E, das im Olivenöl mit 30 bis 300 mg enthalten ist. Dewegen wird es auch in der Hautpflege als Antioxidans eingesetzt. Von großer Bedeutung für die Gesundheit von Innen und Außen ist auch das Squalen, das in Olivenöl in sehr hoher Konzentration vorkommt. Squalen wird für Kosmetik-Produkte verwendet. In Olivenöl finden sich außerdem Scharf- und Bitterstoffe, die so genannten Polyphenole, die Leber- und Gallenschutzwirkung haben. Die grüne Farbe kommt vom Chlorophyll, das je nach Reifegrad der Oliven noch mehr oder weniger vorhanden ist aber kein absolutes Qualitätskriterium sondern mehr eine Geschmackfrage ist. Der eigentliche Geschmack rührt von zahlreichen Alkoholen und Estern her, die ähnlich wie beim Wein je nach Anbauort, Sorte, Reifegrad, Herstellung, Lagerung und dem Jahrgang sehr vielfältig
Olivenöl schmeckt also nicht gleich Olivenöl. Die Lieblingssorte
kann man durch Probieren herausfinden.
Ökologische Ölbaumkultur
Olivenbäume wachsen auf steinigen, steilen, sonnigen Hängen von der Küste bis ca. 500 m über dem Meeresspiegel. Sie benötigen wenig Wasser und Düngung und ertragen die harten Bedingungen von hoher Sonneneinstrahlung und Trockenheit wie kaum eine andere Kulturpflanze. Aus Gründen des Erosionsschutzes und der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit ist besonders an Hängen dauerhafter Baumbewuchs wünschenswert. Als Alternative dazu kommen in diesem Klima oft nur Kiefern in Frage, die sehr feuergefährlich sind und anders als Olivenbäume bei Funkenflug sehr rasch in Flammen aufgehen. In den ländlichen Gebieten rund um das Mittelmeer ist die Abwanderung bedingt durch Armut auch heute noch ein Problem. Olivenhaine und Olivenölproduktion und die damit verbundene, intensive Arbeitsleistung bei Baumschnitt, Bodenbearbeitung und Ernte, die einen Großteil des Preises von Olivenöl bedingen, erhalten ländliche Arbeitsplätze und damit die ökologischen und kulturellen Besonderheiten der Regionen. So entstehen auch unverwechselbare Spezialitäten wie ungefiltertes Olivenöl ölgemische, die gemeinsam gepresst wurden.
Leider wurden EU-Subventionen bisher nicht pro Olivenbaum bezahlt, sondern pro
Hektar Land oder pro Liter produzierten Öls. Nutznießer dieser
an Masse und Rentabilität orientierten Förderung sind daher
Großplantagen und intensive Monokulturen und nicht eine kleinbäuerliche
und umweltgerechte Produktion.
Biologischer Anbau von Oliven
Olivenplantagen wurden wegen hoher Subventionierung auch in Ebenen großflächig angepflanzt und ermöglichen Insektizideinsätze aus dem Flugzeug, intensive Bewässerung und Düngungsmaßnahmen, sowie Maschinenernte und Unkrautbekämpfung mit Herbiziden. Düngung und Bewässerung sind angesichts sehr knapper Wasserressourcen am Mittelmeer äußerst fragwürdig und bleiben nicht ohne Einfluss auf benachbarte Flächen.
Seit langer Zeit lassen sich die Hauptschädlinge der Olive, die
Olivenfliege und die Olivenmotte auch biologisch mit Ködern und Schlupfwespen
kontrollieren. Im naturnahen Anbau wird der Unterbewuchs der Oliven, der
mit Einsetzen der Trockenzeit aus Brandschutzgründen sowie zur Wasserersparnis
entfernt werden muss, entweder durch Schafe (Bild rechts) oder Ziegen
abgeweidet oder einfach untergepflügt. An vielen klein strukturierten
Standorten und an Hängen im Mittelmeerraum
sind die oben beschriebenen umweltbelastenden Maßnahmen nicht möglich.
Manche Olivenbäume stehen auch in Naturschutzgebieten und dürfen deswegen weder gefällt
noch behandelt werden. In den unter natürlichen Bedingungen wachsenden
Olivenhainen mit oft sehr alten und großen Bäumen wird Olivenöl
höchster Qualität erzeugt. Dank des Verzichts auf Pestizidspritzungen
enthält solches biologisch erzeugte Olivenöl keine chemischen Rückstände.
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Anhang
[1] Raffiniertes Öl: unerwünschte Geruchs- oder Geschmacksstoffe werden durch verschiedene Verfahrensschritte entfernt, was dem Öl einen neutralen Geschmack und lange Haltbarkeit verleiht. Diese so genannte Veredelung, also das Entbittern, Entsäuern, Bleichen und Desodorieren beseitigt dabei auch einen Teil des natürlichen Vitamin E-Gehaltes und praktisch die gesamten Carotinoide und andere wertgebende Inhaltsstoffe. Bei Olivenöl wir dieses Verfahren heute nicht mehr angewandt.
[2] Trans-Fettsäuren entstehen bei der industriellen Härtung von Pflanzenölen. Gehärtete Fette sind beispielsweise in Margarine und Frittierfett enthalten. Gehärtete Fette sind vor allem für industriell erzeugte Lebensmittel insbesondere Fertig-Backwaren, Fertig-Saucen oder Instantsuppen von großer Bedeutung. Die Härtung verändert das ursprünglich gesunde Pflanzenfett und bringt einen bestimmten Gehalt an Trans-Fettsäuren mit sich. Trans-Fettsäuren gelten als sehr ungesund. Sie erhöhen den Blutwert des schlechten LDL-Cholesterins.
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